Bewerberauswahl: So finden Arbeitgeber den Perfect Match

Die besten Talente für das Unternehmen zu gewinnen, ist Hauptaufgabe der Bewerberauswahl. Dabei spielen neben fachlichen Kompetenzen und Qualifikationen insbesondere weiche Faktoren eine Rolle. Das klassische Bewerbungsgespräch steht auch heute noch im Zentrum der Personalauswahl, um die Passung von Bewerbern zum Unternehmen und der offenen Stelle abzugleichen. Es wird dabei von einer ganzen Reihe weiterer Verfahren flankiert. 

Mit einer sorgfältigen Auswahl der Kandidaten im Recruiting steigern Unternehmen ihre Effizienz und Produktivität, fördern ein positives Betriebsklima und steigern die Bindung der Mitarbeiter ans Unternehmen. Dieser Beitrag gibt Ihnen einen Überblick über die Schritte des Bewerberauswahlverfahrens und einen Leitfaden für dessen strukturierte Gestaltung an die Hand.

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Was ist eine Bewerberauswahl?

Gegenstand der Bewerberauswahl ist, aus einer Vielzahl von Bewerbungen auf eine ausgeschriebene Stelle den Kandidaten herauszufiltern, der am besten zum Unternehmen passt. Der Prozess reicht von der Erstellung eines Anforderungsprofils und einer Stellenausschreibung, über die Sichtung und Auswertung der eingegangenen Bewerbungen, bis hin zur Durchführung von Auswahlverfahren und der Entscheidung für einen Kandidaten.

Portrait eines lächelnden Mannes
Portrait eines lächelnden Mannes
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Ziele der Bewerberauswahl

Mit der Bewerberauswahl verfolgen Arbeitgeber mehrere Ziele:

  • Sie möchten den perfekten Kandidaten für die zu besetzende Stelle identifizieren.
  • Sie lernen die Bewerber vor ihrer Entscheidung besser kennen – und umgekehrt. So finden alle Beteiligten heraus, ob sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen können.
  • Sie können die fachliche Eignung der Kandidaten überprüfen.
  • Sie finden heraus, ob sich ein Kandidat mit der Unternehmenskultur und ihren Werten identifizieren kann.

Zudem hat eine strukturierte Bewerberauswahl den Vorteil, indirekt Kosten zu sparen. Denn indem Arbeitgeber ein fundiertes Auswahlverfahren für Bewerber nutzen, vermeiden sie Fehlbesetzungen. Diese wiederum können dem Unternehmen einen enormen finanziellen Schaden verursachen, indem die Produktivität leidet, die Stelle durch eine schnelle Kündigung erneut unbesetzt ist und abermals Recruiting-Kosten fällig werden.

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Vorbereitung der Bewerberauswahl

Um überhaupt geeignete Bewerbungen zu erhalten, muss der Recruiter erst einmal die nötige Vorarbeit leisten. Es gilt sicherzustellen, dass der später ausgewählte Kandidat zu der ausgeschriebenen Aufgabe passt. Dafür ist ein Anforderungsprofil erforderlich. Dieses erstellt die HR-Abteilung auf Basis der von der Fachabteilung gewünschten Kenntnisse, Fähigkeiten und Eigenschaften. Die späteren Kollegen wissen oft am besten, welche Kompetenzen am wichtigsten sind. 

Auf Basis dieses Anforderungsprofils erstellt der Arbeitgeber eine Stellenausschreibung, die er intern und extern verbreiten kann. Sie informiert mögliche Interessenten über die mit der Stelle verbundenen Aufgaben, die Anforderungen und mögliche Benefits, die der Arbeitgeber bietet.

Für die Streuung der Stellenanzeige gibt es eine Vielzahl möglicher Recruiting-Kanäle, darunter:

  • Online-Jobbörsen und -Karriereplattformen
  • Eigene Karriere-Website
  • Social-Media-Auftritte (z. B. LinkedIn, XING)
  • Mitarbeiterempfehlungsprogramme
  • Interner Aushang
  • Job- und Karrieremessen
  • Printmedien
  • Personalberater

Bei der Entscheidung für oder gegen Recruiting-Kanäle besteht ein Spannungsverhältnis zwischen der Minimierung der Kosten und der Maximierung der möglichen Reichweite. Deshalb sollten Arbeitgeber genau untersuchen, in welchen Medien sie ihre Stellenanzeige inserieren möchten. Eine große Rolle spielt dabei, welche Kanäle die Zielgruppe der Ausschreibung nutzt. Spezialisten hingegen sind seltener über regionale Tageszeitungen zu finden, dafür eher über spezielle Jobbörsen, die sich auf bestimmte Branchen oder Berufssparten (z. B. IT-Spezialisten) konzentrieren.

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Einrichtung des Auswahlprozesses

Im Idealfall erhalten Arbeitgeber auf ihre Stellenausschreibung hin eine Vielzahl von Bewerbungen. So haben sie ausreichend Auswahl, um einen möglichst passgenauen Kandidaten zu finden. Es ist jedoch nicht ganz einfach, den passenden Bewerber auszuwählen. Bei der Sichtung und Verwaltung der Bewerbungen sollten sie folgende Punkte beachten:

Hand schreibt mit Stift auf Tablet
Hand schreibt mit Stift auf Tablet

Moderne Bewerbermanagement-Software bietet häufig sogenannte Matching-Funktionen. Dabei definiert der Arbeitgeber Schlagworte, nach denen elektronische Bewerbungen durchsucht werden. Ist beispielsweise eine kaufmännische Ausbildung gefordert, könnten mögliche Schlagworte „Industriekaufmann“, „Bürokaufmann“ oder „Kaufmann für Bürokommunikation“ sein. Die Software scannt automatisch alle Bewerbungen und findet so heraus, welche Bewerber wichtige Muss-Anforderungen erfüllen. Dies spart Zeit bei der Vorselektion der Bewerbungen.

Es besteht allerdings auch die Gefahr, dass gut geeignete Bewerber wegen der Auswahlkriterien durchs Raster fallen. Das kann passieren, wenn beispielsweise alternative Berufswege beschritten wurden, Wörter falsch geschrieben werden oder die Auswahlkriterien für den Matching-Algorithmus zu ungenau definiert werden. Zumindest ein kurzer Blick des Recruiters auf die Bewerbungen kann helfen, Fehlentscheidungen vorzubeugen.

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Bewerberauswahl Methoden

Die Dokumentenanalyse ist Teil eines jeden Bewerberauswahlverfahrens. Daneben ergänzen jedoch viele weitere Methoden das Auswahlverfahren für Bewerber.

Bewerberauswahl: der perfekte Mix

Mit welchen Auswahlverfahren Bewerber bewertet werden, sollten Arbeitgeber von der Stelle abhängig machen. Für Stellen mit wenig komplexem Anforderungsprofil reicht häufig das übliche Vorstellungsgespräch im Betrieb aus, um sich ein Bild von der Eignung eines Kandidaten zu machen. Ein Assessment Center kommt, ebenso wie andere psychologische Eignungstests, überwiegend bei der Suche nach Führungskräften zum Einsatz.

Auch mehrstufige Bewerber-Auswahlverfahren sind durchaus üblich, besonders wenn die Auswahl aus sehr vielen Bewerbungen zu treffen ist. Arbeitgeber sollten jedoch darauf achten, nicht zu viele Schritte vorzusehen. Dadurch verlängert sich die Phase der Bewerberauswahl. Ferner erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass Kandidaten wegen der zu langen Wartezeit vorzeitig abspringen und sich für ein anderes Unternehmen entscheiden.

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Rechtliches bei der Bewerberauswahl

Bei der Bewerberauswahl sollten Arbeitgeber darauf achten, nicht gegen rechtliche Vorschriften zu verstoßen. Der Fokus liegt auf den Themen Gleichbehandlung und Datenschutz.

Vorbeugung von Diskriminierung

Werden Bewerber aufgrund ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihres Alters, ihrer sexuellen Orientierung oder einer Behinderung gegenüber anderen Kandidaten benachteiligt, kann eine Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vorliegen. Es drohen dann teure Klagen für Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche.

Arbeitgeber sollten daher darauf achten, allen Kandidaten im Bewerberauswahlverfahren gleiche Chancen einzuräumen. Sie sollten die folgenden Tipps beachten, um eine faire Bewerberauswahl zu gewährleisten:

  • geschlechtersensible Formulierung der Stellenausschreibung (z. B. mit dem Kürzel m/w/d)
  • keine Angabe von Altersgrenzen oder Forderung einer bestimmten Muttersprache in Stellenanzeigen oder unzulässige Formulierungen hinsichtlich Behinderungen
  • keine sensiblen Fragen im Vorstellungsgespräch (z. B. nach der Familienplanung, der Religion oder einer Gewerkschaftszugehörigkeit)

Datenschutz

Bewerbungen enthalten personenbezogene Daten wie Geschlecht, Alter und Herkunft. Diese unterliegen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Arbeitgeber dürfen diese zwar im Rahmen der Bewerberauswahl verarbeiten. Allerdings müssen sie sich auf jene Daten beschränken, die für die Einstellung eines Mitarbeiters erforderlich sind. Sie dürfen die Bewerbungsunterlagen lediglich solange aufbewahren, bis die Stelle besetzt ist.

Da Kandidaten nach § 15 Abs. 4 AGG Ansprüche aus einer Diskriminierung geltend machen könnten, dürfen Arbeitgeber die Unterlagen für bis zu zwei Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung nach der Bewerberauswahl aufbewahren, um im Falle einer Klage ihre Position darlegen zu können. Danach müssen sie sie allerdings vernichten. Möchten Arbeitgeber Bewerbungsunterlagen länger aufbewahren, beispielsweise in Form eines Talentpools, müssen sie vorher das Einverständnis der Person einholen.

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Entscheidung & Dokumentation

In die Entscheidung der Bewerberauswahl sind meist mehrere Personen involviert. Neben dem Personalverantwortlichen gehören dazu, je nach Unternehmensgröße, der Recruiter, der Betriebsrat oder auch der Geschäftsführer. Um die Entscheidung vorzubereiten, legt der Arbeitgeber zunächst die Kriterien für die Bewerberauswahl fest. Neben dem Offensichtlichen, dem Fachwissen und der Berufserfahrung, gehören dazu auch Charaktermerkmale sowie der sogenannte Cultural Fit, also die Übereinstimmung der persönlichen Werte mit der Unternehmenskultur. Idealerweise unterscheidet der Arbeitgeber nach Muss- und Kann-Kriterien.

ABC-Analyse bei der Bewerberauswahl

Bei der Bewerberauswahl hat sich das Prinzip der ABC-Analyse bewährt. Sie teilt die nach der Vorselektion übrigen Bewerber anhand der Auswahlkriterien in drei Gruppen auf:

  • A – die Wunschkandidaten, die alle Anforderungen erfüllen
  • B – Kandidaten, deren Kompetenzen mit dem Anforderungsprofil übereinstimmen, die aber dennoch nicht in die engere Auswahl gekommen sind
  • C – weitgehende Erfüllung des Anforderungsprofils, aber geringere Eignung als A- und B-Kandidaten

B- und C-Kandidaten informiert der Arbeitgeber erst nach der erfolgten Einstellung eines Mitarbeiters über die Entscheidung. Während dieser Prozess noch andauert, sollte er die Kommunikationswege offenhalten. Falls A-Kandidaten abspringen oder doch nicht zum Unternehmen passen, können so nach und nach B- oder sogar C-Kandidaten nachrutschen.

Nutzwertanalyse in der Bewerberauswahl

Eine Nutzwertanalyse in der Bewerberauswahl macht nicht direkt messbare Kriterien greifbarer. Sie vergibt Punkte für bestimmte Auswahlkriterien (z. B. Ausbildung, EDV-Kenntnisse). Anhand der Gewichtung lässt sich veranschaulichen, welcher Kandidat am besten zum Unternehmen passt. 

Davon abzugrenzen ist die sogenannte Potenzialanalyse in der Bewerberauswahl. Dabei schätzt der Arbeitgeber ein, welche Potenziale Bewerber mitbringen, die in den kommenden fünf oder zehn Jahren gewinnbringend für das Unternehmen genutzt werden könnten.

Dokumentation

Wie der Recruiter zu seiner Entscheidung für oder gegen einen Kandidaten gekommen ist, sollte er idealerweise genau dokumentieren. Entschließt sich ein abgelehnter Bewerber wegen einer Diskriminierung zu einer AGG-Klage, kann so noch Monate später nachvollzogen werden, welche Gründe zu einem Ausschluss aus dem Bewerberauswahlverfahren geführt haben.

Rückmeldung an die Bewerber

Am Ende des Bewerbungsprozesses wird nur ein Bewerber eingestellt. Die anderen Kandidaten erhalten anschließend ein freundlich formuliertes Absageschreiben. Vorher sollten Arbeitgeber allerdings prüfen, ob für gute Kandidaten nicht eine andere Stelle in Frage kommt. Auch die Aufnahme in einen Talentpool kann eine sinnvolle Option sein.

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Optimierung der Bewerberauswahl

Arbeitgeber sollten das Auswahlverfahren für Bewerber immer wieder hinterfragen. Ziel ist, die Candidate Experience positiv zu gestalten. Dies stärkt die Bindung an das Unternehmen und senkt die Wahrscheinlichkeit eines vorzeitigen Absprungs. Das HR-Team ist deshalb gefragt, den Auswahlprozess regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen. Dabei helfen Feedbacks von ehemaligen Bewerbern, die eingestellt wurden. Wie haben sie den Bewerbungsprozess erlebt? Wie war die Atmosphäre beim Vorstellungsgespräch? Was hat ihnen vielleicht weniger gut gefallen? Arbeitgeber sollten solches Feedback nutzen, um den Prozess des Auswahlverfahrens immer weiter zu verbessern. So lässt sich die Dauer bis zur Einstellung verkürzen und eine positive Erfahrung der Bewerber erreichen.

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Zukunft der Bewerberauswahl

Die Zukunft der Bewerberauswahl könnte möglicherweise von der künstlichen Intelligenz nachhaltig geprägt werden. Schon heute sind zahlreiche KI-Anwendungen möglich, beispielsweise zur automatisierten Bewertung von Bewerbungen oder zur Auswertung von Stimme und Körpersprache in Videointerviews. Das Interessante daran: Die künstliche Intelligenz kann eigenständig dazulernen und so aus vergangenen Einstellungen Rückschlüsse auf künftige Entscheidungen ziehen.

Es wird sicher noch einige Zeit vergehen, bis Bewerberauswahlverfahren auf Basis künstlicher Intelligenz so zuverlässig und neutral ablaufen, dass sie die menschliche Prüfung ersetzen können. Doch schon heute lässt die Technologie erahnen, welche Möglichkeiten künftig noch dazu kommen könnten. Für Arbeitgeber bedeutet der Einsatz künstlicher Intelligenz die Chance, Zeit und damit auch Kosten einzusparen, die in strategische Aufgaben investiert werden können.

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Fragen und Antworten

Hier beantworten wir Fragen rund um das Thema Bewerberauswahl.