Aktives Zuhören will gelernt sein
In stressigen Phasen nicken Angestellte ihrem Kollegen nur kurz zu, statt auf sein Lamentieren über das angebratene Mittagsmenü einzugehen. Gestresste Mitarbeiter lassen einen Zulieferer am Telefon zwar ausreden, erteilen ihm aber mit einem gemurmelten „Vielen Dank, wir melden uns, sollte Ihr Angebot infrage kommen“ eine Absage, ohne genau zu wissen, was eigentlich das Innovative an seinem Produkt ist. Statt passiv hinzuhören, können sich Gesprächspartner ihrem Gegenüber öffnen und aktiv zuhören.
Viele Menschen erzählen gerne. Der Chef informiert das Team über aktuelle Aufgaben, die Kollegen erzählen am Montagmorgen von den Erlebnissen am Wochenende und bereits Schulkinder wispern sich unter den strengen Blicken ihrer Lehrer Geheimnisse zu. Wer Interesse an den Erlebnissen und Meinungen anderer Menschen zeigt, wirkt emphatisch. Ob jemand aktiv zuhört oder nur abwesend nickt, nehmen Gesprächspartner wahr und registrieren schnell, wie aufgeschlossen der andere wirklich ist. Warum hören die wenigsten Menschen aktiv zu und warten stattdessen nur auf das nächste Atemholen, um selbst zu erzählen, das Gesagte zu kommentieren oder sich einfach dem nächsten Thema zuzuwenden? Und das, obwohl aktives Zuhören viele Vorteile hat. Erfahren Sie im Folgenden, welche das sind und wie sich die Kunst des aktiven Zuhörens im Handumdrehen lernen lässt.
Was ist aktives Zuhören?
Etwas einfach zu hören oder dem Gesagten aktiv zuzuhören, sind grundverschiedene Verhaltensweisen im Gespräch. Etwas hören ist zunächst lediglich eine akustische Wahrnehmung, die nicht zwangsläufig eine Reaktion erfordert. Aktives Zuhören bedeutet nicht nur akustisch wahrzunehmen, was der andere sagt, sondern wirklich zu verstehen, was der andere vermitteln will – also vor allem, zwischen den Zeilen zu lesen.
Ziel des aktiven Zuhörens ist eine klarere Kommunikation ohne Missverständnisse und die Verbesserung von zwischenmenschlichen Beziehungen.
Aktive Zuhörer beweisen Empathie
Wer aktiv zuhört, der gibt dem anderen ein gutes Gefühl und spiegelt Wertschätzung und Aufmerksamkeit wider. Ein aktiver Zuhörer lässt viele Reaktionen erkennen, doch eines wird er niemals tun: den Gesprächspartner unterbrechen, um selbst zu erzählen. Denn das stünde dem aktiven Zuhören entgegen, welches davon geprägt ist, sich in Geduld zu üben und sich selbst daran zu erinnern, nicht zu sprechen, sondern genau hinzuhören bzw. zuzuhören. Es geht beim aktiven Zuhören also darum, nicht dem Pseudo-Zuhören zu verfallen, sondern die Gefühle und das Empfinden des Gegenübers wahrzunehmen.
Richtig zuhören fällt vielen Menschen schwer
Trotz aller Vorteile schaffen es viele Menschen nicht, einander aktiv zuzuhören. Passives Verhalten im Gespräch ist nicht nur unhöflich, sondern auch kontraproduktiv. Dennoch sind es mitunter ebenso Vorgesetzte oder verantwortliche Kollegen wie ausführende Mitarbeiter, die sich während eines Gesprächs passiv verhalten. Die wesentlichen Ursachen sind:
- Persönliche Vorurteile und Bias (aus dem Englischen stammend: ein systematischer Fehler, der dazu führt, dass sich die wahren Begebenheiten verzerren)
- Ablenkungen und Störungen
- Stress
- Unterschiedliche Kommunikationsstile
Vorteile aktives Zuhören
Wer anderen aktiv zuhört, ist nicht nur ein aufmerksamer Mensch, sondern verbessert die Kommunikation grundlegend. Insbesondere im Berufsalltag sind passive Gespräche eine ständige Gefahr für Fehler und Konflikte.
Die fünf überzeugendsten Vorteile des aktives Zuhörens sind diese:
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Besseres Verständnis für Gesprächspartner und ihre Bedürfnisse
Verständnis für den Gesprächspartner kann nur jemand bekommen und zeigen, der aktiv zuhört. Welche Bedürfnisse der Teamkollege gerade hat, spielt nicht nur für das harmonische Miteinander eine Rolle, sondern auch für die Abwicklung der täglichen Projekte und Aufgaben. Ob ein Mitarbeiter wie auf heißen Kohlen sehnsüchtig auf das Protokoll der letzten Sitzung wartet, um seinen Part zu erledigen oder eine Kollegin mit beginnender Erkältung das Fenster schließen möchte: Die Bedürfnisse sind so unterschiedlich wie die Menschen. Deshalb hilft es ungemein, wenn Menschen die Bedürfnisse ihrer Kollegen kennen und berücksichtigen.
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Verbesserte zwischenmenschliche Beziehungen
Die zwischenmenschlichen Beziehungen im Arbeitsalltag beeinflussen das Miteinander im Team. Aktives Zuhören fördert den Zusammenhalt. Nehmen sich Mitarbeiter gegenseitig mit ihren Gefühlen und Bedürfnissen wahr, helfen sie einander auf dem kurzen Dienstweg und sind offen für Fragen oder Ideen. So profitieren die täglichen Arbeitsergebnisse von dem freundschaftlichen Umgang.
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Vermeidung von Missverständnissen und Konflikten
Missverständnisse lassen sich am besten vermeiden, wenn Gesprächspartner einander aktiv zuhören. Wer in das Gesagte etwas ganz anderes hineininterpretiert oder nicht nachfragen möchte, riskiert Konflikte. Denn sobald die Erwartungen auseinanderdriften, werden beide Seiten mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein. Der Auftraggeber hat eine andere Erwartung, der Verantwortliche hat sein Bestes gegeben und es dennoch nicht richtig gemacht. Das sorgt für Frustration auf beiden Seiten. Beim aktiven Zuhören geht es aber vor allem auch darum, zu verstehen, was der andere meint, also zwischen den Zeilen zu lesen. Wer das hinbekommt, kann mehr Klarheit für sich und den Gesprächspartner schaffen.
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Bessere Verhandlungen
Wer aktiv zuhören kann, wird besser verhandeln. Die bewusste Wahrnehmung des Gegenübers sorgt für eine klare Kommunikation und das wiederum ermöglicht eine stärkere Verhandlungsposition. Statt also halbherzige Einigungen zu erzielen, um dann bei schriftlicher Fixierung doch Differenzen zu entdecken, sorgt eine klare Kommunikation von vornherein für bessere Ergebnisse. Dazu bedarf es einer Verhandlung zwischen Parteien, die einander zugewandt sind. Insbesondere im Projektverlauf mit mehreren Personen hat sich dies als sehr zielführend herausgestellt.
Lesetipp: Die erfolgreiche Gehaltsverhandlung – so wirken Sie überzeugend
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Erfolgreiche Mitarbeiterführung
Kaum ein Part ist für Vorgesetzte so entscheidend wie die Personalführung. Das umfasst sowohl die Mitarbeiterbindung als auch das tägliche Arbeitspensum. Wer aktiv zuhören kann und auch sein Team dazu bringt, aktiv zuzuhören, verbessert das Miteinander ebenso wie die Erfolgsaussichten.
Die sieben Stufen des Zuhörens
Um zwischenmenschliche Beziehungen zu anderen Menschen zu verbessern oder erfolgreiche Verhandlungen zu führen, braucht man ein Grundverständnis für den Gesprächspartner und dessen Bedürfnisse. Je besser Menschen einander zuhören, desto optimaler die Ergebnisse, keine Frage. Bevor man jedoch aktiv zuhören kann, muss man verstehen, wie man selbst zuhört. Zuhören lässt sich grundsätzlich in sieben Stufen einteilen:
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Interesse vortäuschen (Ignorieren)
Auf der ersten Stufe des Zuhörens täuschen Gesprächspartner lediglich vor, dass sie ihrem Gegenüber zuhören. Klassische Reaktionen sind zustimmendes Nicken, gemurmelte Einsilber wie „hmm, ja“ oder „Ah“. Wer sein Interesse an einem Gespräch nur vortäuscht, tut das in der Regel aus Höflichkeit, Langeweile oder Anspannung, weil die eigenen Gedanken immer wieder abschweifen. Sorgen sich Menschen z. B. um ein wichtiges Projekt, das sich am Nachmittag entscheiden wird, so sind sie in der gemeinsamen Mittagspause keine aufmerksamen Gesprächspartner für ihre Kollegen.
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Inhalte projizieren
Beim projizierenden Zuhören ist der Empfänger ähnlich desinteressiert, doch statt eigenen Gedanken nachzuhängen, nimmt er einzelne Wörter oder Passagen wahr und interpretiert einen eigenen Zusammenhang hinein. Die Grundlage dafür ist das selektive Hören, bei dem bestimmte Begriffe aus der Fülle der Wörter hervorstechen und die Aufmerksamkeit wecken. Jemand hört zum Beispiel den eigenen Namen und interpretiert, dass der Kollege gerade über einen selbst lästert.
Beim projizierenden Zuhören entstehen schnell Missverständnisse, da beide Gesprächspartner davon überzeugt sind, den Inhalt identisch verstanden zu haben und vom anderen dieselben Schlüsse erwarten. Projizierendes Zuhören erkennt man oftmals an Äußerungen wie „Das hast du doch selbst so gesagt“ oder „Das erzählst du doch immer.“ Im Beruf entstehen durch projizierendes Zuhören Erwartungen an den Mitarbeiter, welche dieser nicht erfüllen wird oder kann, da er die Information nicht bewusst wahrgenommen hat und stattdessen etwas Eigenes daraus macht. Die Ergebnisse werden zwangsläufig nicht den Erwartungen gerecht, während der andere nicht versteht, worin das Problem besteht.
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Das Gespräch verkürzen
Möchten Gesprächspartner die Unterhaltung verkürzen, unterbrechen sie den Redefluss. Das kann durch gezielte Einwände, aber auch durch nonverbale Signale passieren. Ein deutlicher Blick auf die Uhr, die Hand greift schon mal zum Telefon oder die nächste Mail wird geöffnet – all das signalisiert dem Gesprächspartner, dass jetzt eigentlich gar keine Zeit für ein ausführliches Gespräch ist. Typische verbale Zeichen können diese Sätze sein: „Worauf genau zielt deine Frage?“ oder „Müssen wir das jetzt besprechen? Geh doch zum Friedrich, der kann dir das auch beantworten.“ Auch dies ist ein typischer Einwurf: „Ich habe später noch ein Meeting, auf das ich mich vorbereiten möchte.“
Der Stellenwert dieser Unterhaltung liegt für den einen am untersten Ende der Skala, während der andere vielleicht eine wichtige Botschaft weitergeben möchte oder nach Antworten auf wichtige Fragen sucht. Die Kommunikation leidet sehr unter diesem Verhalten, da sich viele Mitarbeiter nach zwei oder drei negativen Erfahrungen nicht mehr trauen, den Vorgesetzten oder Kollegen mit Fragen, Ideen oder Ergebnissen anzusprechen und zu stören. In Erwartung einer ausweichenden Antwort findet keine Kommunikation statt. Es entsteht eine toxische Ausgangslage für Kommunikation und Zuhören.
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Inhalte widerlegen
Dominante Gesprächspartner warten nur darauf, die Inhalte widerlegen zu können. Sie hören zunächst zu, um dann an geeigneter Stelle einzugreifen und das bisher Gesagte infrage zu stellen oder auch mit vermeintlich besseren Argumenten oder Vorschlägen aufzuwarten. Bei dieser Art des Zuhörens geht es darum, das Gespräch zu „gewinnen“.
Diese Gesprächsführung tritt vielfach bei Menschen zutage, die in festgefahrenen Bahnen denken und sich nicht für die Ansichten des Gegenübers öffnen möchten. Wer das Gesagte weder reflektiert noch in Betracht zieht, sondern von Anfang an still an seiner Gegenargumentation arbeitet, verpasst die Chance auf Neues. Es steht weder das optimale Ergebnis noch ein offenes Brainstorming zur Debatte. Das Gespräch verläuft für diesen Mitarbeiter nur erfolgreich, wenn sich am Ende sein Beitrag durchsetzt.
Typische Einleitungen, um das bisher Gesagte zu widerlegen sind: „Das kann so nicht funktionieren“ oder „Ich sehe das ganz anders“ oder auch im Angriffsmodus: „Wie kommst du denn auf so eine eigenartige Idee?“
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Aufmerksames Zuhören
Beim aufmerksamen Zuhören ist der Mitarbeiter gedanklich ausschließlich bei seinem Gegenüber und nimmt alle Gesprächsinhalte bewusst wahr. Aufmerksames Zuhören ist zunächst kein Dialog, denn der Empfänger lässt den Sender ohne Unterbrechungen aussprechen. Der Erzähler merkt, dass seine Aussagen, Argumente oder Vorschläge bei seinem Gesprächspartner ankommen, nicht nur akustisch, sondern auch deren Bedeutung. Die Inhalte werden bewusst reflektiert. Aufmerksames Zuhören gehört damit zu den positiven und sinnvollen Arten einer Unterhaltung.
Wer im Job aufmerksam zuhört, weiß, welche Aufgaben ihm anvertraut werden. Er kann Probleme nachvollziehen und sich Gedanken über mögliche Lösungen machen. Ein Vorgesetzter wiederum kann sich darauf verlassen, dass sein Mitarbeiter seine Anweisungen verstanden hat und das Richtige tun wird.
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Aktives Zuhören
Das aktive Zuhören ist die Weiterführung des aufmerksamen Zuhörens. Auf dieser Stufe werden die Informationen aufgenommen, reflektiert und durch gezielte Fragen vertieft. Somit werden Missverständnisse vermieden . Indem der Empfänger das Gesagte in eigenen Worten wiederholt und Details erfragt, begeben sich beide auf dieselbe Ebene. Diese Art der Kommunikation erfordert Offenheit und ein Gespräch auf Augenhöhe. Nur wer ehrlich miteinander umgeht, vertieft das Gespräch und schließt so eventuelle Fehlinterpretationen aus.
Ein typischer Gesprächsverlauf für aktives Zuhören im Berufsalltag ist die Aufgabenverteilung im Teammeeting. Wenn alle Mitarbeiter ihren Part nochmals kurz zusammenfassen und dabei auf Details und erste konkrete Ansätze eingehen, sind alle Teilaufgaben in den richtigen Händen und verstanden. Bei einer schlechten Kommunikation könnte im Zweifel eine Aufgabe gar nicht erledigt werden, während die andere gleich von zwei Mitarbeitern parallel bearbeitet wird.
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Empathisches Zuhören
Auf der siebten Stufe wird das Zuhören zur Spitzendisziplin. Im beruflichen Umfeld sind Mitarbeiter- und Entwicklungsgespräche auf emphatischer Basis sinnvoll. Hierbei geht es nicht nur darum, das Gesagte aufzunehmen und zu begreifen, sondern es geht noch einen Schritt weiter: Wenn sich der Gesprächspartner ausgesprochen hat, signalisiert sein Gegenüber Verständnis und bietet Lösungen an.
Kann eine junge Mutter erst eine Stunde später im Büro sein oder muss ein Kollege seine kranke Frau unterstützen, hilft diese Information zunächst nicht wirklich weiter. Erst wenn der Vorgesetzte Möglichkeiten präsentiert, wie die Minderstunden kompensiert werden oder ob eine zeitweise Stundensenkung eine Alternative wäre, entwickelt sich das Gespräch für den Mitarbeiter in die richtige Richtung. Welche Lösungen infrage kommen, ob finanzielle Gegebenheiten oder Verantwortlichkeiten im Team zu berücksichtigen sind – all das findet Raum in einem emphatischen Gespräch. Typische Sätze in diesen Unterhaltungen lauten: „Erzähl mir, was los ist. Vielleicht kann ich dir helfen?“ oder „Wir nehmen uns für dein Problem jetzt mal fünfzehn Minuten Zeit bei geschlossener Tür!“ Empathisches Zuhören kann übrigens auf allen Ebenen stattfinden, zwischen Kollegen ebenso wie zwischen dem Vorgesetzten und Mitarbeiter.
Aktiv oder passiv – die Unterschiede beim Zuhören
Die ersten vier Stufen des Zuhörens fallen in den passiven Bereich. Wer sich dem Gegenüber nicht öffnet und nach dem Gespräch nicht weiß, was dem anderen wichtig ist, der war nur passiv beteiligt. Die Person war dann körperlich anwesend, aber mit den Gedanken bei anderen Themen. Im Gegensatz dazu sind die drei Stufen des aktiven Zuhörens davon geprägt, dass der Gesprächspartner seine Aufmerksamkeit auf den anderen richtet und die Inhalte bewusst wahrnehmen will.
Aktives Zuhören lernen
Aktives Zuhören lernen geht! Wer sich aus dem passiven Verhalten lösen und ganz bewusst in eine offene Kommunikation gehen möchte, kann das mit einigen Übungen trainieren.
Zunächst ist die eigene Grundhaltung für das Gespräch sehr wichtig. Aktives Zuhören gelingt nur dann, wenn Sie ehrliches Interesse haben, die Person und seine Gefühle wahrnehmen und akzeptieren sowie wertfrei zuhören. Nehmen Sie sich außerdem ausreichend Zeit. Verzichten Sie darauf, ungefragt Ratschläge zu erteilen, Anekdoten aus Ihrem eigenen Alltag zu erzählen und das Gesagte zu bewerten.
Man unterscheidet zwei Formen des aktiven Zuhörens, verbal und nonverbal. Beide sind für ein Gelingen der Kommunikation gleichermaßen wichtig.
Nonverbales aktives Zuhören
Nonverbale Signale sind alle Ausdrucksformen, die über das Gesprochene hinausgehen, z. B. Mimik und Gestik, Körpersprache, Tonfall der Stimme, Kleidung, Interaktion mit der Umgebung etc. Nonverbale Signale zeigen bereits, dass man dem Gesprächspartner zuhört, ohne dies auszusprechen. Wenn Sie aktiv zuhören möchten, zeigen Sie folgende nonverbale Kommunikation:
- Offene Körperhaltung
- Augenkontakt
- Den anderen ausreden lassen
- Zustimmendes Nicken
- Störendes/Ablenkendes beiseite lassen (z. B. Smartphone, Unterlagen, Computerbildschirm etc.)
Verbales aktives Zuhören
Zeigen Sie nonverbal, dass Sie Ihrem Gesprächspartner aufmerksam zuhören, besitzt das Gespräch bereits eine gute Basis. Daneben gibt es eine Reihe von verbalen Techniken, wie nachfolgendes Beispiel für aktives Zuhören verdeutlicht.
Beispiel für aktives Zuhören
Folgendes Beispiel verdeutlicht die Aktives-Zuhören-Techniken beim verbalen aktiven Zuhören: Paraphrasieren, Verbalisieren, Fragen stellen, Zusammenfassen.
Beispiel:
Ihr Kollege äußert: „Der Chef sagt, ich soll das bis morgen erledigen, sonst gibt es Stress mit der Rechtsabteilung, das fehlt mir noch.“
1. Paraphrasieren
Beim Paraphrasieren wiederholen Sie die Kernbotschaften des Gesagten mit Ihren eigenen Worten. Das ist besonders wichtig, um sicherzugehen, dass Sie das Gesagte richtig verstanden haben.
„Also, wenn ich das richtig verstehe, hat unser Chef gesagt, dass du bis morgen Zeit hast, um diese Aufgabe final abzuschließen. Anderenfalls geben es die Kollegen von der Rechtsabteilung zur Eskalation weiter. Habe ich das richtig verstanden?“
Damit Ihr Gegenüber nicht das Gefühl hat, dass Sie sein Gesagtes lediglich nachplappern, ist es oft sinnvoll, die Aussage direkt mit dem nächsten Schritt, dem Verbalisieren, zu verknüpfen.
2. Verbalisieren
Im zweiten Schritt versuchen Sie, zu verstehen, wie sich Ihr Gegenüber fühlt. Ihr Gegenüber fühlt sich dadurch gehört und kann im Zweifelsfall auch richtigstellen, falls Sie sich irren.
- „Also, wenn ich das richtig verstehe, hat unser Chef gesagt, dass du bis morgen Zeit hast, um diese Aufgabe final abzuschließen. Anderenfalls geben es die Kollegen von der Rechtsabteilung zur Eskalation weiter. Und deshalb fühlst du dich gestresst und wütend. Habe ich das richtig verstanden?“
- „Es scheint, als ob du dir Sorgen machst, weil der Chef von dir erwartet, dass du diese Aufgabe bis morgen erledigen musst und du befürchtest, dass du es nicht rechtzeitig schaffst. Ist das richtig?“
- „Der Druck, diese Aufgabe bis morgen erledigen zu müssen und das Risiko, dass es Probleme mit der Rechtsabteilung gibt, stresst dich, richtig?“
3. Fragen stellen
Erst wenn alles gesagt ist, steigen Sie mit offenen Fragen in das Gespräch ein. Klären Sie Dinge, die Ihnen unklar sind, um Missverständnisse zu vermeiden. Hilfreich ist es hier, wenn Sie W-Fragen stellen:
- „Was genau sollst du bis morgen erledigen?“
- „Wer genau soll das erledigen? Du oder ist das eine Aufgabe für das ganze Team?“
- „Warum genau bringt dich das so auf die Palme?“
- „Warum muss das ausgerechnet bis morgen erledigt sein?“
4. Zusammenfassen
Mittlerweile sollten Sie bereits mehr Informationen über die Situation und die emotionale Welt Ihres Gegenübers haben. Fassen Sie alle relevanten Punkte noch einmal zusammen, um sicher zu gehen, dass es zu keinen Missverständnissen gekommen ist.
„Also, wenn ich das alles richtig verstanden habe, dann hast du bis morgen Zeit, die Datenschutzerklärung auf der Website zu ändern. Die Rechtsabteilung hat den Chef bereits mehrfach darauf hingewiesen und jetzt sollst du diese Aufgabe kurzfristig übernehmen. Das macht dich wütend, weil es eigentlich nicht deine Aufgabe ist. Außerdem fühlst du dich unter Druck gesetzt, weil du befürchtest, dass der Chef dir die Verantwortung gibt, falls es deshalb Probleme mit der Rechtsabteilung gibt. Stimmt das so?“
Nehmen Sie sich nach dem Gespräch die Zeit, sich selbst und Ihre Gesprächsführung zu analysieren. Was lief gut? Welche Missverständnisse konnten vermieden werden und wo sehen Sie das Potenzial für Verbesserungen? Indem Sie sich auch weiterhin im aktiven Zuhören üben und sich bewusst reflektieren, verbessern Sie Ihre Kommunikationsfähigkeiten stetig.
Aktives Zuhören und Empathie gehen Hand in Hand
Aktiv zuhören und Einfühlungsvermögen zeigen bedingt einander. Lesen Sie, was man unter Empathie versteht, für welche Berufe sie besonders wichtig ist und ob man sie erlernen kann.
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Fragen und Antworten
Hier finden Sie Antworten auf Fragen rund um das Thema „aktives Zuhören im Job“
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Was bedeutet aktives Zuhören?
Beim aktiven Zuhören nehmen Gesprächspartner den Inhalt des Gesagten aktiv und unbefangen wahr, ohne zu unterbrechen oder eigene Themen einzustreuen. Erst wenn von einem Gesprächspartner alles gesagt ist, fasst der andere die Inhalte in eigenen Worten zusammen und stellt Rückfragen. Dadurch vermeidet er Missverständnisse und Konflikte. Das Gegenteil des aktiven Zuhörens ist das passive Zuhören, bei dem der Gesprächspartner das Gesagte gar nicht wahrnimmt oder bewusst uminterpretiert.
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Wie lerne ich, aktiv zuzuhören bzw. wie funktioniert aktives Zuhören?
Mit etwas Übung kann jeder aktives Zuhören lernen. Wichtig ist Augenkontakt zum Gesprächspartner, den anderen aussprechen lassen und anschließend konkrete Fragen zu stellen sowie das Gesagte in eigenen Worten zusammenzufassen. Aktives Zuhören erfordert etwas Training, daher ist ein regelmäßiges Feedback von Mitarbeitern, Kollegen oder auch Freunden sinnvoll. Die besten Fortschritte machen aktive Zuhörer, wenn sie ihre Fähigkeiten in unterschiedlichen Gesprächsszenarien trainieren.
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Warum verstehe ich meinen Chef nicht?
Wenn die Gespräche mit dem Vorgesetzten regelmäßig zu Missverständnissen führen, könnte das daran liegen, dass Sie beide nicht aktiv zuhören. Es ist gar nicht so ungewöhnlich, dass Menschen Gesagtes unterschiedlich verstehen und interpretieren. Damit Sie keine unnötige Energie in Aufgaben stecken, die Ihr Chef so nicht von Ihnen erwartet, können Sie mit aktivem Zuhören Missverständnisse vermeiden. Fragen Sie aktiv nach und wiederholen Sie seine Arbeitsanweisung. So werden Sie beide zukünftig schnell feststellen, wann Vorstellungen und Erwartungen bei Ihnen nicht zusammenpassen.