Unterbezahlt im Job – Vergleich Gehalt vs. Leistung
Verfolgt man in den Medien Tarifverhandlungen, erscheinen die Forderungen der Gewerkschaften mitunter exorbitant hoch. Erfährt man dann noch in Gesprächen mit Freunden und Kollegen, dass deren Gehalt weitaus höher ist, hinterlässt das ein ungutes Gefühl. Wer jetzt am liebsten direkt an die Tür des Vorgesetzten klopfen und eine Gehaltserhöhung fordern möchte, sollte sich etwas Zeit nehmen und sich gut vorbereiten.
Vergleichen wir unser Gehalt mit dem unserer Kollegen, muss sich auch die Leistung auf ähnlichem Niveau befinden. Daher sollten Sie selbstkritisch prüfen, ob sich Ihre Aufgaben wirklich ähneln oder der Kollege vielleicht doch mehr Verantwortung übernimmt? Prüfen Sie außerdem, ob die Rahmenbedingungen vergleichbar sind. Zahlt die eine Branche generell mehr als die andere? Ihr Chef könnte Tätigkeiten und Leistungen anders beurteilen als Sie selbst. Bereiten Sie also für das Gespräch weitere schlagkräftige Gründe für eine Gehaltsanpassung vor. Als Erstes gilt es herauszufinden, ob tatsächlich eine Unterbezahlung und damit ungerechte Bezahlung vorliegt.
Über Gehalt sprechen
„Über Geld spricht man nicht“ – diese alte Weisheit ist in Deutschland nach wie vor weit verbreitet. Die meisten Menschen behalten ihre finanziellen Angelegenheiten lieber für sich. Während im öffentlichen Dienst Transparenz durch frei zugängliche Entgeltgruppen garantiert ist, erfahren Beschäftigte in der freien Wirtschaft selten Details über die Gehaltsstufe ihrer Kollegen. Personaler verlassen sich gerne darauf, dass Kollegen untereinander nicht über ihre Vergütung sprechen, doch warum eigentlich?
Warum sprechen nicht nur Personaler, sondern auch viele Angestellte ungern über ihr Gehalt? Zum einen ist der Irrglaube über ein betriebliches Gehaltstabu weitverbreitet. Angestellte glauben schlicht, es sei nicht erlaubt, sich mit Kollegen über das Gehalt auszutauschen. Andere wiederum fürchten sich entweder vor einem Gesichtsverlust, falls ihr Gehalt geringer sein sollte als das der Kollegen, oder aber das Gegenteil ist der Fall und sie befürchten Neid und Missgunst.
Ein offenes Gespräch unter Kollegen kann eine ungerechte Bezahlung zum Vorschein bringen. Wer also den Verdacht auf Unterbezahlung ausschließen oder bestätigen möchte, der muss seine Kollegen ansprechen und auf Offenheit hoffen.
5 Anzeichen für ein zu niedriges Gehalt
Wie finden Sie heraus, ob Ihr Gehalt tatsächlich zu niedrig ist? Wer erfolgreich über mehr Geld verhandeln möchte, sollte sich selbst möglichst objektiv beurteilen. Doch wie gelingt es, alle Kriterien objektiv zu prüfen und welche sind das eigentlich?
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1. Kollegen in gleicher Position verdienen mehr
Gehaltsverhandlungen hängen immer auch vom Geschick des einzelnen Mitarbeiters ab. Wer also weniger fordert, erhält auch weniger Gehalt. Transparenz könnte – so die Befürchtung vieler Personaler dazu führen – dass Mitarbeiter sich auf das Gehalt der Kollegen berufen und neu verhandeln. Daher profitieren viele Unternehmen von der Unwissenheit der Angestellten.
Seit 2017 gilt in Deutschland das Entgelttransparenzgesetz. Frauen und Männer haben bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit den Anspruch auf gleiche Bezahlung. Demzufolge haben alle Arbeitnehmer in Deutschland das Recht, die Entgeltstrukturen ihres Arbeitgebers zu kennen, sofern dort mehr als 200 Mitarbeiter beschäftigt sind. Beschäftigen Unternehmen mehr als 500 Mitarbeiter, müssen sie sogar regelmäßig in einem Bericht die Gleichbehandlung der Mitarbeiter nachweisen. Schwierig wird es, wenn weniger als sechs Mitarbeiter vergleichbare Aufgaben und Verantwortung übernehmen. Dann fehlt datenschutzrechtlich die Grundlage für einen transparenten Vergleich.
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2. Beförderung ohne Gehaltsanpassung
Eine Beförderung beinhaltet in der Regel auch eine Gehaltsanpassung. Wenn der Arbeitgeber allerdings nur mehr Leistung und Verantwortung fordert, ohne im Gegenzug die Gehaltsgruppe anzupassen, ist das ein klares Anzeichen für eine Unterbezahlung.
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3. Das Unternehmen floriert – die Gehälter stagnieren
Das Unternehmen floriert, doch die Angestellten haben seit Jahren keine Gehaltsanpassung bekommen? In dem Fall lohnt das Gespräch. Der Zeitpunkt dafür ist sogar ideal. Nicht immer liegt tatsächlich eine Unterbezahlung vor. Manchmal existieren gute Gründe und langfristige Verträge, die das Kapital des Arbeitgebers binden. Dennoch ist ein Versuch angebracht.
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4. Mitarbeitergespräche finden nicht statt
Wer seit Längerem ein Jahresgespräch einfordert und immer wieder abgewiesen oder vertröstet wird, der wird misstrauisch – zu Recht. Drückt der Vorgesetzte sich vor einem Feedback- und Perspektivengespräch, kann auch der Unwillen, über das Gehalt zu verhandeln, dahinter stecken. In diesem Fall hilft nur konsequentes Einfordern, am besten direkt mit einer Terminvereinbarung.
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5. Mitbewerber zahlen mehr
Das Wissen um seinen eigenen Marktwert versetzt Arbeitnehmer in eine bessere Verhandlungsposition. Zahlen Mitbewerber mehr als der eigene Arbeitgeber, dürfen Vorgesetzte damit konfrontiert werden. Nicht nur der Fachkräftemangel, auch der zeitliche und monetäre Aufwand spielen dem Arbeitnehmer in die Karten. Welches Unternehmen kann es sich schon leisten, einen guten Mitarbeiter zu verlieren?
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Welche Folgen hat eine unfaire Bezahlung?
Haben Mitarbeiter das Gefühl, schlechter als ihre Kollegen bezahlt zu werden, wirkt sich das negativ auf die Arbeitsmoral aus. Wer unzufrieden mit dem Gehalt ist, bei dem läuft es eher schleppend. Statt sich voller Elan in ein neues Projekt zu stürzen, steigen mit zunehmendem Frust auch die Krankentage. Nicht zuletzt macht sich eine schlechte Stimmung im Team breit, denn neben dem Unverständnis für die unterschiedliche Bezahlung schwingt auch mangelnde Wertschätzung mit. Das Vertrauen in den Arbeitgeber schwächelt, ein Gefühl der Missachtung bleibt.
Den meisten Arbeitgebern ist der Grund für den Einbruch der Motivation gar nicht klar, denn woher auch. Thematisieren Arbeitnehmer ihre Unzufriedenheit mit ihrem Gehalt im Gespräch, geben sie ihrem Arbeitgeber eine Chance. Allein aus diesem Grund ist Lohntransparenz wünschenswert.
Häufige Ursachen für eine Unterbezahlung
Während die einen bei Gehaltsverhandlungen aufblühen und geübt darin sind, für sich selbst einzustehen, fällt es anderen schwer. Das Verhältnis zum Vorgesetzten spielt dabei ebenfalls eine Rolle, denn man möchte dem Chef nicht nicht vor den Kopf stoßen. Neben diesen offensichtlichen Gründen gibt es weitere Gründe für eine Unterbezahlung.
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1. Fehlendes Selbstbewusstsein
Das Gehalt spiegelt Kompetenz, Einsatz und Leistungsbereitschaft wider. Wenn das Gehalt also niedrig ist, führt dies oftmals dazu, dass Arbeitnehmer die Schuld bei sich und ihrer Leistung suchen. Das kann zu mangelndem Selbstbewusstsein im Job führen und dazu, dass man sich nicht traut, die Gehaltsfrage anzusprechen.
Lesetipp: Mehr Selbstbewusstsein im Job
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2. Mangelndes Verhandlungsgeschick
Was soll ich denn sagen? Wie soll ich argumentieren? Mangelnde Verhandlungsfähigkeiten können dazu führen, dass Sie sich mit Ihrem gegenwärtigen Gehalt zufriedengeben, statt für eine passendere Bezahlung zu kämpfen.
Die gute Nachricht ist: Verhandlungsgeschick kann trainiert werden. Mit der richtigen Rhetorik gelingt es, den eigenen Standpunkt zu vertreten und sein Gegenüber zu überzeugen.
Lesetipp: Argumentieren und Überzeugen
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3. Unwissenheit über den eigenen Marktwert
Gerade Berufseinsteiger und Arbeitnehmer, die sich lange nicht beworben haben, wissen häufig nicht um ihren Wert auf dem Arbeitsmarkt. Sie haben keine Vorstellung davon, was für ihre Stelle und ihre Fähigkeiten angemessen ist. Dies führt oft dazu, dass sie keine Gehaltsverhandlungen durchführen.
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4. Sie warten auf den ersten Schritt des Arbeitgebers
Das Gespräch mit dem Vorgesetzten zu suchen, um mehr Gehalt zu verlangen, kann sehr heikel sein und ist für viele Arbeitnehmer ein großer Schritt außerhalb ihrer Komfortzone. Deshalb warten viele oftmals ab, bis der Arbeitgeber das Thema von sich aus anspricht. Das führt häufig dazu, dass es über einen langen Zeitraum keine Gehaltserhöhungen gibt.
Ergreifen Sie die Initiative und bitten Sie um einen Termin. Teil des Erfolgskonzeptes ist eine intensive Vorbereitung auf das Gespräch, um verlässliche Argumente zu sammeln und vorher mit Freunden oder der Familie zu üben.
Wege aus der Unterbezahlung
Nachweislich unterbezahlte Mitarbeiter können die finanzielle Unausgewogenheit entweder mit Vergleichszahlen aus dem Kollegenkreis oder mit ihrem Marktwert zur Diskussion stellen. Liegt die letzte Gehaltserhöhung mindestens drei Jahre zurück, ist auch das ein gutes Argument.
So bereiten Sie Ihre Argumentation vor und ebnen den Weg raus aus der Unterbezahlung:
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1. Liste erstellen
Dokumentieren Sie im ersten Schritt die eigenen Leistungen. Was hat sich seit der letzten Gehaltserhöhung verändert, sind neue Aufgaben dazugekommen? Eigenständige Verantwortungsbereiche und Erfolge der letzten Monate sind wichtige Punkte, die im Eifer des Gesprächs vergessen werden könnten, aber nicht sollten.
Eine Liste aller Pluspunkte ist nicht nur eine sichere Grundlage, sondern stärkt auch das Vertrauen in sich selbst. Wer klar ausspricht, inwiefern der Arbeitnehmer von seinen Leistungen und seinem Know-how profitiert sowie seinen Nutzen für das Unternehmen in den Vordergrund stellt, geht mit einer Position der Stärke in das Gespräch und tritt nicht als Bittsteller auf. Zusätzliche Qualifikationen oder Fortbildungen, auch geplante, können ebenfalls zum Thema gemacht werden.
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2. Auf Argumente des Vorgesetzten vorbereiten
Auch der Vorgesetzte bereitet sich in der Regel auf ein Gehaltsgespräch vor und hat bestimmte Indikatoren im Blick. Dazu zählen beispielsweise Verkaufs- bzw. Produktivitätskennzahlen, das aktuelle Gehalt des Mitarbeiters und Fehlzeiten. Überlegen Sie sich daher im Voraus, wie Sie auf seine mögliche Argumentation reagieren. Bereiten Sie sich zur Sicherheit auch auf Scheinargumente vor. Im Gespräch lohnt es sich, konkretes Feedback von der Führungskraft zu den Leistungen einzufordern.
Nicht jeder Gehaltswunsch wird umgehend realisiert, oftmals treffen sich beide Parteien in der Mitte. Arbeitnehmer sollten das Resultat als Zwischenergebnis auffassen und gemeinsam mit der Führungskraft Ziele vereinbaren. Damit bleibt der Weg frei für ein Anschlussgespräch in einigen Monaten oder einem Jahr.
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3. Bei ausbleibender Gehaltserhöhung
Sollte die Gehaltsverhandlung immer wieder verschoben werden oder der Vorgesetzte lehnt die Forderung nach einer Lohnerhöhung konsequent ab, bleibt Ihnen die Möglichkeit, den Arbeitgeber zu wechseln. Sämtliche Argumente für das Gespräch mit dem eigenen Vorgesetzten sind auch eine gute Grundlage für ein externes Bewerbungsgespräch. Lediglich vertrauliche betriebliche Zahlen dürfen in einem Vorstellungsgespräch nicht zur Sprache gebracht werden.
Bedenken Sie jedoch, dass ein Jobwechsel nicht zwangsläufig zu einer besseren Bezahlung führt. Außerdem stellen Sie die Vorteile einer längeren Betriebszugehörigkeit (bspw. längere Kündigungsfristen, höhere Abfindungsansprüche, ggf. Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge etc.) zur Disposition. Dies sollten Sie vorher mit Bedacht abwägen.
Lesetipp
Arbeitnehmer spüren bei einer hohen Inflation deutliche Einbußen ihrer Kaufkraft, doch eine Gehaltserhöhung erfolgt in diesem Fall nicht automatisch. Lesen Sie, wann es Sinn ergibt, eine Entgeltanpassung zu verlangen – und wann nicht.
weiterlesenFragen und Antworten
Hier finden Sie Antworten auf Fragen, wenn Sie sich unterbezahlt fühlen.
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Woran erkennen Arbeitnehmer, ob sie unterbezahlt sind?
Bei Verdacht auf Unterbezahlung sprechen Beschäftigte am besten mit Kollegen oder erkunden sich im privaten Kreis, ob sich Arbeitsbereiche und Verantwortung ähneln. Lohntabellen im Internet oder das Testen des eigenen Marktwertes bei Mitbewerbern geben weitere Hinweise. Liegt die letzte Gehaltserhöhung mehr als drei Jahre zurück, ist das ebenfalls ein Anzeichen für Unterbezahlung.
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Welche Folgen hat Unterbezahlung?
Unterbezahlung wirkt sich negativ auf die Motivation aus und führt mitunter sogar zur inneren Kündigung. Für den Arbeitnehmer kann aus einer moderaten Unterbezahlung im Laufe der Jahre eine große Differenz entstehen, wenn sich die Gehälter der anderen immer weiter anpassen, das eigene Gehalt jedoch nur minimal oder gar nicht steigt.
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Was tun bei Unterbezahlung?
Fühlen sich Beschäftigte unterbezahlt, sind konkrete Nachforschungen sinnvoll. Wie hoch ist das Gehalt der Kollegen mit vergleichbaren Aufgaben und Leistungen? Welchen Marktwert hat der Mitarbeiter und zahlen andere Unternehmen für diese Position ein höheres Gehalt? Mit den recherchierten Fakten fordern Beschäftigte ein Gehaltsgespräch beim Vorgesetzten oder der Personalabteilung ein. Erzielt die Verhandlung nicht den gewünschten Erfolg, bleibt der Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber. Doch Achtung: ein neuer Job bringt nicht zwangsläufig ein höheres Gehalt mit sich. Auch das muss mit guten Argumenten verhandelt werden.
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Warum werden Mitarbeiter unterbezahlt?
Viele Unternehmen warten darauf, dass ihre Mitarbeiter Gehaltsanpassungen aktiv einfordern. Beschäftigte, die sich darauf verlassen, dass ihr Arbeitgeber ein faires und steigendes Gehalt auszahlt, bleiben oftmals auf der Strecke. Da im Kollegenkreis selten offen über das Entgelt gesprochen wird, fehlt in vielen Unternehmen die Transparenz.