Darf ein Chef seine Mitarbeiter überwachen? Falls Sie sich vor Überwachung am Arbeitsplatz fürchten, seien Sie beruhigt. Etwaigen Spionage-Ambitionen Ihres Arbeitgebers sind hierzulande äußerst enge Grenzen gesetzt. Welche das sind und was Sie gegen unzulässige Überwachung tun können, erfahren Sie hier.
Hand aufs Herz: Haben Sie während der Arbeitszeit auch schon einmal in den sozialen Medien gestöbert, die Mittagspause etwas ausgedehnt oder Privatgespräche geführt? Oft werden diese Dinge von Ihrem Arbeitgeber stillschweigend geduldet, manchmal sind sie jedoch ausdrücklich verboten. Dass sie passieren, vermutet vielleicht auch Ihr Chef. Will er aber genau wissen, was Sie und Ihre Kollegen während ihrer Arbeitszeit sonst noch tun, außer zu arbeiten, müsste er die Belegschaft gezielt überwachen. Die technischen Möglichkeiten hat er zwar, ob Ihr Chef aber das Recht dazu hat, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Darf mein Chef mich kontrollieren?
Wenn die Arbeitszeit nicht effektiv genutzt wird, Firmeneigentum verschwindet oder der Kundenservice seinen Namen nicht verdient, möchte das Management aus nachvollziehbaren Gründen erfahren, was vor sich geht. Ein allgemeines, ausdrückliches Recht auf Mitarbeiter-Überwachung existiert aber nicht. Ihr Arbeitgeber darf Sie und Ihre Kollegen, wenn überhaupt, immer nur auf Grundlage gesetzlicher Bestimmungen sowie unter Wahrung Ihrer Persönlichkeitsrechte und Ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung überwachen. Zudem sind Überwachungsaktionen – egal welcher Art – häufig nur erlaubt, wenn Sie diesen im Vorfeld ausdrücklich zugestimmt haben. Die Antwort auf die Frage „Darf mein Chef mich kontrollieren?“ lautet also „Jein“.
Welche Arten der Überwachung am Arbeitsplatz gibt es und welche sind erlaubt?
- Arbeitszeitkontrolle
Wenn Sie am Ende des Tages Ihre Tätigkeiten und Arbeitszeiten etwa mittels Software eintragen oder eine Stempeluhr nutzen müssen, dann ist das auch eine Form der Überwachung durch Ihren Arbeitgeber. Diese Kontrolle ist erlaubt. Aber es kann auch zu einer Arbeitszeitkontrolle durch Kollegen kommen. - Bildschirmüberwachung am Arbeitsplatz
Dürfen Sie Ihren Computer laut Arbeitsvertrag auch privat nutzen? Oder wird es zumindest stillschweigend geduldet, ist also so genannte „betriebliche Übung“? Gut für Sie. Jedoch kann der Arbeitgeber private E-Mails, Telefonate oder das Surfen im Internet durchaus verbieten. Ist das der Fall, darf er dieses Verbot zumindest auch stichprobenartig durch Bildschirmüberwachung am Arbeitsplatz kontrollieren. Dazu überprüft Ihr Arbeitgeber beispielsweise den Internetverlauf oder sucht nach offensichtlich privaten Nachrichten, die Sie am Firmenrechner verfasst haben. Lesen darf er die E-Mails allerdings nicht. - Videoüberwachung am Arbeitsplatz
Eine Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist nur unter bestimmten Umständen erlaubt. So ist etwa der Einsatz von Kameras in reinen Büroräumen und insbesondere in Toiletten und Umkleideräumen strikt verboten. Anders sieht es in Bereichen aus, die nicht nur von Mitarbeitern genutzt werden, sondern auch öffentlich zugänglich sind. Dazu gehören etwa Verkaufsräume. Will Ihr Chef dort eine Videoüberwachung in Betrieb nehmen, braucht er Ihre freiwillige Zustimmung. Selbst dann darf er nur deutlich ersichtlich und ohne Ton aufzeichnen. Eine Ausnahme gibt es: Hat Ihr Chef den Verdacht, dass ein Kollege eine besonders schwere Pflichtverletzung begangen oder sich sogar strafbar gemacht hat, darf er sein Verhalten ausnahmsweise auch kurzzeitig heimlich per Video aufzeichnen. - Standortüberwachung
Gerade im Außendienst und Lieferverkehr sind GPS-Sender für das Mitarbeiter-Tracking bei Arbeitgebern sehr beliebt, da sich mit deren Hilfe etwa Routen optimieren und die Liefergeschwindigkeit erhöhen lassen. Laut Bundesdatenschutzgesetz dürfen Ortungssysteme nur zur Koordinierung der Außendienst-Einsätze und zur Sicherheit der Beschäftigten eingesetzt werden, nicht jedoch zur Mitarbeiter-Überwachung. Auch für die Ortung Ihrer Dienstfahrten braucht Ihr Arbeitgeber Ihre Einwilligung. Eine verdeckte GPS-Nutzung ist ausgeschlossen, ebenso wie die Datenübermittlung nach Feierabend, zum Beispiel wenn Sie mit dem Firmenwagen nach Hause fahren. - Telefonüberwachung
Auch hier gilt, heimlich ist nicht erlaubt. Allerdings dürfen Arbeitgeber mit Zustimmung von Mitarbeitern und Gesprächspartnern geschäftliche Gespräche aufzeichnen und stichprobenartig kontrollieren. Häufig passiert das zu Zwecken der Qualitätssicherung bei Service-Hotlines. Private Gespräche sind für den Chef natürlich tabu. - Observation
Auch das gibt es: Ein Detektiv soll im Auftrag Ihres Arbeitgebers einen Mitarbeiter ausspionieren. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Arbeitsunfähigkeit eines krankgeschriebenen Kollegen bezweifelt wird. Allerdings müssen dafür schon vor der Observation gesicherte Hinweise vorliegen. Nur wegen einer vagen Vermutung wäre diese Form der Überwachung unverhältnismäßig und somit nicht erlaubt.
Überwachung im Homeoffice
In den letzten Jahren leisten deutsche Angestellte immer mehr Arbeitsstunden in den eigenen vier Wänden. Arbeitgeber sehen diese Entwicklung teilweise skeptisch. Ihnen fehlt durch diesen Trend zunehmend genau jene vermeintliche Kontrolle über die Arbeitsleistung ihrer Mitarbeiter. Deshalb ist die Home Office Überwachung aus Arbeitgebersicht verlockend. Aber: Auch wenn die Arbeitsumstände zu Hause doch ganz andere sind als im Unternehmen, gelten in puncto Überwachung dieselben Regelungen.
Falls Sie sich schon einmal die Frage gestellt haben, „Kann mein Arbeitgeber sehen, was ich am PC mache?“ ist die Antwort: Technisch könnte er, allerdings sind unbemerkte Aufnahmen per Laptop-Webcam oder der Einsatz so genannter Key-Logger unzulässig. Letztere sind kleine Softwareanwendungen, die vom Nutzer unbemerkt Tastatureingaben und Cursorbewegungen aufzeichnen können. Nur bei einem Verdacht auf eine schwere Pflichtverletzung, Arbeitszeitbetrug oder eine Straftat dürfen solche Instrumente unter Umständen zum Einsatz kommen.
So schützen Sie sich vor unzulässiger Überwachung am Arbeitsplatz
Grundsätzlich sollten Sie Ihre Rechte als Arbeitnehmer kennen und sich bei Bedarf aktiv für den Schutz Ihrer Persönlichkeitsrechte einsetzen. Sie glauben, dass Ihr Arbeitgeber Sie auf die eine oder andere Weise überwacht – ohne dass Sie der Überwachung zugestimmt oder davon auch nur erfahren hätten?
Diese Schritte sollten Sie jetzt gehen:
- Arbeitsvertrag checken
Prüfen Sie, was in Ihrem Arbeitsvertrag zur privaten Computer- und Internetnutzung festgehalten ist. Vielleicht entdecken Sie doch den einen oder anderen relevanten Paragraphen. - Fakten notieren
Woran machen Sie Ihren Verdacht fest? Schreiben Sie sich Ihre Beobachtungen auf. Das erleichtert Ihnen später das Gespräch mit der Chefetage oder dem Betriebsrat. - Arbeit und Privates klar trennen
Seien Sie konsequent und nutzen Sie für private Zwecke ausschließlich Ihr eigenes Smartphone und Ihren eigenen Computer. Versuchen Sie ebenfalls, alle anderen privaten Angelegenheiten in Arbeitspausen oder in der Freizeit zu erledigen. - Arbeitgeber ansprechen
Kontaktieren Sie Ihren Vorgesetzten und suchen Sie das Gespräch. Bitten Sie ihn um Aufklärung und Stellungnahme. Regen Sie unter Umständen eine Betriebsvereinbarung an, in der der Umfang privater Tätigkeiten während der Arbeitszeit klar geregelt wird. - Daten anfordern
Falls im Rahmen einer Mitarbeiter-Überwachung personenbezogene Daten über Sie gesammelt werden, haben Sie laut Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) das Recht zu erfahren, welche das sind. Daten, die gegen die DSGVO verstoßen, müssen sofort gelöscht werden. Sie haben das Recht, der Verarbeitung Ihrer Daten zu widersprechen. - Betriebsrat kontaktieren
Falls vorhanden, können Sie auch den Betriebsrat oder Datenschutzbeauftragten in Ihrem Unternehmen um Unterstützung bitten. Der Betriebsrat hat in puncto Mitarbeiter-Überwachung ein Mitspracherecht und muss den geplanten Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen zustimmen. - Recht einfordern
Falls sich herausstellt, dass Ihr Arbeitgeber Sie tatsächlich unerlaubt überwacht, haben Sie Anspruch auf Unterlassung, Schadensersatz und in manchen Fällen sogar auf Schmerzensgeld. Am besten suchen Sie sich dafür einen Rechtsbeistand, etwa durch eine Fachanwalt für Arbeitsrecht.
Sonderfall: Überwachung am Arbeitsplatz durch Kollegen
„Ich habe das Gefühl, mein Kollege überwacht mich.“ Auch wenn Ihr Partner skeptisch auf Ihren Verdacht reagiert, tatsächlich kann es vorkommen, dass Sie eine Kollegin oder ein Kollege kontrolliert und überwacht – vielleicht im Auftrag der Chefetage, vielleicht aber auch aus eigenem Antrieb. Ein Beispiel ist die Arbeitszeitkontrolle durch Kollegen. Mitarbeiter ausspionieren, dazu sollten Sie sich niemals verleiten lassen. Solch ein Verhalten ist nicht nur ein Vertrauensbruch, der zu einer vergifteten Arbeitsatmosphäre führt, sondern zieht auch rechtliche Konsequenzen nach sich – für den „Auftraggeber“ ebenso wie für den „Auftragnehmer“. Die wohlbekannte „Weisungsbefugnis“ Ihrer Vorgesetzten erstreckt sich keinesfalls auf die Arbeitszeitkontrolle durch Kollegen, sondern ausschließlich auf die Aufgaben, die in Ihrem Arbeitsvertrag festgehalten sind.
Aber warum sollten Ihre Kollegen Sie überwachen wollen, wenn nicht im Auftrag „von oben“? Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten. Vielleicht ist hier übermäßiger Ehrgeiz oder ein hohes Maß an Unsicherheit im Spiel. Vielleicht geht es auch darum, Kollegen auszustechen und in der Chefetage zu diskreditieren. Oder die Kollegen haben einfach eine völlig falsche Auffassung von ihren Aufgabenfeldern. Was auch immer der Antrieb ist, suchen Sie am besten das Gespräch und stellen Sie klar, dass Sie das Verhalten inakzeptabel finden. Fragen Sie aber auch nach dem Grund für die Überwachung. Im besten Fall können Sie die Situation so schon klären.
Egal, ob es sich um einen besonders perfiden Fall von unzulässiger Mitarbeiter-Überwachung durch Ihre Vorgesetzten handelt oder ihr Kollege auf eigene Faust handelt – Sie können auf jeden Fall dagegen vorgehen.
Lesetipp
In der Berufswelt treffen unterschiedliche Erwartungshaltungen, Wertvorstellungen und Interessen aufeinander, was zu Konflikten führen kann. Jetzt mehr über den Umgang mit Konflikten am Arbeitsplatz lesen.
zum BeitragFazit
In Deutschland ist die Mitarbeiter-Überwachung streng reglementiert. Insbesondere die Persönlichkeitsrechte von Arbeitnehmern wiegen in den meisten Fällen schwerer als so genannte „berechtigte Interessen“ der Arbeitgeber, die etwa eine Videoüberwachung am Arbeitsplatz rechtfertigen würden. In der Regel müssen Arbeitnehmer über jede Art von Überwachungsmaßnahme unterrichtet werden und diesen auch ausdrücklich freiwillig zustimmen. Heimliche Überwachungsmethoden durch versteckte Kameras, Key-Logger oder eine Observation sind nur in Ausnahmefällen zulässig – etwa bei konkretem Verdacht auf einen schweren Pflichtverstoß oder eine Straftat. Die Inhalte privater E-Mails und Gespräche sind für den Vorgesetzten tabu. Arbeitgeber müssen insbesondere den Datenschutz und Löschfristen beachten und Ihnen jederzeit Auskunft über Sie betreffende personenbezogene Daten geben können. Und: All das gilt gleichermaßen für reguläre Arbeitsplätze wie auch für die Home-Office-Überwachung.