Niemand möchte sich selbst mit Neid am Arbeitsplatz konfrontiert sehen. Doch wer genauer hinsieht, stellt schnell fest: Neid an sich muss nicht zwingend schlecht sein. Dort, wo Konkurrenz herrscht, ist Neid sogar ein ziemlich normales Gefühl. Doch ab wann schlägt Neid, der in einem gesunden Maß sogar nützlich sein kann, in destruktive Missgunst um? Lesen Sie weiter und erhalten Sie Antworten auf diese und weitere Fragen zum Thema.
Neid unter Kollegen
Unter „Neid am Arbeitsplatz“ verstehen die meisten Menschen etwas Negatives und Unerwünschtes. Das ist leicht zu erkennen an Internet-Suchen wie „Neid und Missgunst am Arbeitsplatz“ und „Neid und Missgunst unter Kollegen“. Doch gehört die Missgunst wirklich immer als Begriffspaar zum Neid dazu? Nein, eigentlich markiert sie sogar den Wechsel von gesundem Neid zu schädlicher Missgunst.
Dahinter steckt schließlich das Wort „missgönnen“. Jemand gönnt der beneideten Person nicht, was sie hat, hätte es aber selbst gern. Jemandem etwas nicht zu gönnen, beinhaltet auch den Standpunkt, dass der Betreffende gar nicht verdient hat, was man ihm neidet. Oft kommt noch hinzu, dass die missgünstige Person – ob zurecht oder nicht – der Meinung ist, sie selbst hätte den beneideten Vorteil viel eher verdient.
Im Gegensatz dazu kann reiner Neid durchaus positiv wirken. Wer auf die Beförderung eines Kollegen neidisch ist und sich selbst eine bessere Position wünscht, arbeitet vielleicht härter und kommt so – angespornt durch den Erfolg des Kollegen – an das gleiche Ziel. Wer fleißig, qualifiziert und mit sich selbst im Reinen ist, denkt in so einem Fall in etwa: „Ach, wie schön – Herr X hat die Beförderung geschafft. Ich bin mindestens so gut wie er in meinem Job, dann werde ich sicher auch bald befördert.“
Hat ein neidischer Kollege dagegen Probleme mit einem geringen Selbstwertgefühl und falschen Glaubenssätzen, kann die neidische Betrachtung der Beförderung eines Kollegen ganz anders ausfallen. Zum Beispiel so: „Jetzt bin ich schon wieder nicht befördert worden, nur weil der Abteilungsleiter Herr Y seine Lieblinge immer bevorzugt. Außerdem kann er mich nicht leiden, weil ich so klein bin.“ Hier ist die Grenze zur Missgunst klar überschritten.
Neid entsteht immer dann, wenn jemand sich mit anderen vergleicht und dabei zu dem Schluss kommt, dass er sich in einer weniger erstrebenswerten Position befindet.
Am Arbeitsplatz kommen als Neid-Auslöser viele Dinge infrage, zum Beispiel:
- Höhere berufliche Positionen
- Attraktive Aufgabenbereiche
- Verantwortung
- Entscheidungsfreiheit
- Behandlung durch Vorgesetzte
- Ansehen im Kollegenkreis
- Gehalt und sonstige Vergünstigungen
So sind neidische Kollegen
Wenn Sie mit einem Kollegen gelegentlich nicht so gut zurechtkommen wie mit allen anderen, kann durchaus einmal Neid dahinterstecken. Die Wahrscheinlichkeit ist besonders hoch, wenn Sie kurz zuvor eine Gehaltserhöhung, eine Beförderung oder etwas anderes erhalten haben, das Neid erregt. Auch wenn Sie selbst gar nicht der Gegenstand des Neids sind, zeigen Ihnen bestimmte Verhaltensweisen, dass Kollegen gegenüber Dritten Neid empfinden.
Neidische Kollegen erkennen Sie unter anderem an:
- Feindseligen Äußerungen
- Süffisanten Kommentaren
- Spitzen Bemerkungen
- Bösen Blicken
- Gerede hinter dem Rücken des Betroffenen
- Verbreitung von Gerüchten über eine Person
Steigert sich das Verhalten bis dorthin, wo jemand Intrigen spinnt oder die Arbeit des Kollegen absichtlich sabotiert, geht das neidische Verhalten in Mobbing über. In diesem Stadium kann ursprünglich harmloser Neid das Arbeitsklima und die psychische Gesundheit des Opfers nachhaltig schädigen.
Mangel an Offenheit
Wenn neidische Kollegen Sprüche machen, handelt es sich meistens um passiv-aggressives Verhalten. Das bedeutet, derjenige traut sich nicht, die ihm widerfahrene vermeintliche Ungerechtigkeit offen auszusprechen und ihr auf den Grund zu gehen. Er sagt nicht etwa: „Chef, jetzt bin ich aber mächtig enttäuscht, dass Sie Herrn X befördert haben. Ich dachte wirklich, jetzt wäre ich mal dran!“
In diesem Fall könnte die jeweilige Führungskraft den Konflikt erkennen und angemessen lösen. Doch genau das verhindert ein neidischer Kollege, der seinem Frust nur hinter vorgehaltener Hand Luft macht. Die Motivation dafür in Erfahrung zu bringen ist nicht immer eine gute Idee, denn derjenige könnte sein Problem selbst beim Vorgesetzten offen ansprechen und klären. Offenbar will er das aber nicht.
Unterschwellig spürbarer Neid kann die gesamte Arbeitsumgebung vergiften. Möglicherweise nimmt niemand etwas Konkretes wahr, aber alle leiden unter einem gewissen Unbehagen. Dies führt zu Spannungen und Konflikten. Dazu kann sich ein ungesundes Konkurrenzverhalten entwickeln. In der Folge sind die Beteiligten gestresst, vertrauen einander weniger und haben kein Interesse daran, sich gegenseitig zu unterstützen.
Ein so beeinträchtigtes Arbeitsklima schadet dem produktiven Arbeiten. Permanenter Stress gefährdet außerdem die psychische und die physische Gesundheit Betroffener. Führungskräfte haben daher die Aufgabe, Neid am Arbeitsplatz zu erkennen und zu bekämpfen. Oft gelingt dies aber leider nicht und Vorgesetzte bewirken – absichtlich oder versehentlich – genau das Gegenteil: Sie schüren Neid am Arbeitsplatz, indem sie tatsächlich nicht alle gleich behandeln.
Wie am besten reagieren?
Der richtige Umgang mit neidischen Kollegen hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Neid am Arbeitsplatz als Triebfeder des Verhaltens von Kollegen spielt bei einer professionellen Reaktion nur eine untergeordnete Rolle. Der Grund dafür ist, dass sich die Auslöser von Neid selten abstellen lassen: Sie werden zum Beispiel nicht auf Ihre Beförderung verzichten oder eine Gehaltserhöhung ablehnen, damit kein Kollege neidisch ist. Vorgesetzte können kaum alle Mitarbeiter befördern, damit es nicht zu Neid am Arbeitsplatz kommt.
Also, wie geht man mit Neid von Kollegen um? Ganz einfach: so wie mit jedem anderen Fehlverhalten auch. Konzentrieren Sie sich auf das, was missgünstige Kollegen konkret tun, aber spekulieren Sie nicht über die Gründe. Eventuell liegen Sie mit der Einschätzung, es handle sich um Neid, ja auch völlig daneben.
Je nach Ausmaß der Aktivitäten neidischer Kollegen können Sie beispielsweise:
- Feindseligkeiten ignorieren
- Den Kollegen selbst darauf ansprechen und Grenzen aufzeigen
- Vorfälle dokumentieren
- Mit anderen Kollegen und Vorgesetzten darüber sprechen
- Rechtsrat durch einen Anwalt oder den Betriebsrat suchen
- psychologische Hilfe in Anspruch nehmen
Bei der Bekämpfung von Neid am Arbeitsplatz haben Führungskräfte eine wichtige Rolle inne: Es ist ihre Aufgabe, notfalls auch mit disziplinarischen Maßnahmen unangemessenes Verhalten unter den Mitarbeitern zu unterbinden. Sind Sie selbst Führungskraft, müssen Sie sich dem Problem stellen. Wenn Sie wegen Neid am Arbeitsplatz die Hilfe eines Vorgesetzten benötigen, der aber nichts oder nicht genügend unternimmt, denken Sie besser über einen Jobwechsel nach. Möglicherweise befinden Sie sich an einem toxischen Arbeitsplatz, den Sie nicht ändern können.
Sind Sie selbst neidisch?
Wenn Sie entdeckt haben, dass Sie selbst Neid am Arbeitsplatz empfinden, seien Sie nett zu sich selbst und verurteilen Sie sich nicht gleich. Neid ist eine alltägliche Emotion, die Sie für sich nutzen können. Verwenden Sie den Neid als Ansporn für Ihr persönliches Wachstum. Sind Sie zum Beispiel verärgert, weil man Sie bei einer Beförderung übergangen hat, überlegen Sie, wo Sie Ihre Arbeitsleistung selbst steigern können oder ob eine Fortbildung Ihnen dabei hilft.
Solange Sie niemandem schaden, sondern die Energie des Neids am Arbeitsplatz konstruktiv auf Ihre eigenen Ziele lenken, muss Neid gar nicht negativ sein.