Hand aufs Herz – jeder hat es schon in der Schule oder im Kindergarten gelernt: Man spricht nicht schlecht über abwesende Personen. Trotzdem finden sich immer wieder Gründe, die angeblich eine Ausnahme von der Regel erlauben und das Lästern am Arbeitsplatz zu rechtfertigen scheinen. Erfahren Sie hier, wie Sie Lästern von normalem zwischenmenschlichem Austausch unterscheiden – und wie Sie die negativen Folgen des boshaften Lästerns bekämpfen können.
Was ist Lästern?
Die reine Definition des Wortes „lästern” sollte gemeinhin bekannt sein. Wenn Sie sich fragen, was lästern bedeutet, dann möchten Sie höchstwahrscheinlich wissen, wo normales Sprechen über Dritte endet und das Lästern beginnt. Über andere Mitglieder einer Gruppe zu reden ist für Menschen an sich normal. Schon in Urzeiten konnte das eigene Überleben davon abhängen, alles über die anderen Mitglieder einer Gemeinschaft zu wissen – Stärken, Schwächen, Charakterzüge und andere Eigenschaften eines Menschen sowie sein jeweiliger Aufenthaltsort waren von essenzieller Bedeutung und konnten über Leben und Tod entscheiden.
Aus diesem Grund ist das Bedürfnis ziemlich menschlich, Informationen über Menschen auszutauschen, die gerade nicht anwesend sind. Es vermittelt dem Gehirn Sicherheit und Verbindung. Das mindert Stress und schafft Vertrauen.
Lästern am Arbeitsplatz oder anderswo enthält allerdings ein zusätzliches Element: Das Lästern dient dazu, das Opfer abzuwerten und herabzuwürdigen. Es beinhaltet oft die Weitergabe von Gerüchten oder negativen Informationen, die ausschließlich dazu dienen, jemanden verächtlich zu machen oder zu diskreditieren.
Warum lästern Menschen?
Haben Sie auch manchmal den Eindruck, das Lästern am Arbeitsplatz sei doch ganz normal, weil es schließlich alle machen? Ihre Kollegen lästern ständig, selbst der Chef lästert über Mitarbeiter? Sie machen sich keine Illusionen, sondern wissen genau: „Die Arbeitskollegen lästern über mich“ und „Selbst meine beste Kollegin lästert hinter meinem Rücken.“ Wenn das Ihr Arbeitsalltag ist, lohnt es sich für Sie, einmal etwas genauer hinzuschauen und zwischen harmlosem Tratsch und abfälligen Äußerungen zu unterscheiden.
Zum Beispiel die Frage, wo ein fehlender Kollege steckt, birgt reichlich Potenzial für beide Varianten:
- Lautet die Antwort „Herr X ist krank“, handelt es sich um reinen Informationsaustausch, der im Rahmen der Arbeit sogar sinnvoll und notwendig ist. Schließlich wird jemand die Aufgaben des kranken Kollegen übernehmen müssen – und das will organisiert sein.
- Ist die Auskunft dagegen etwas wie „Ach, der X ist schon wieder in Krankenstand – gestern war Fußball“, ist die negative Konnotation nicht zu übersehen. Die Spekulation, der Kollege gäbe nur vor, krank zu sein, weil er von einem langen Fußballabend müde wäre, ist nicht bloß diskreditierend, sondern auch unnötig. Den Wahrheitsgehalt der Behauptung kann niemand prüfen und für die Verteilung der Arbeit von Herrn X ist völlig egal, warum er heute fehlt.
Warum also antwortet die betreffende Person im zweiten Beispiel so und nicht sachlich wie im ersten? Sie hat möglicherweise verschiedene Gründe dafür: Oft werten Menschen andere ab, um sich selbst aufzuwerten. Das Verhalten steigert das Selbstwertgefühl dieser Personen. Der Mechanismus muss ihnen dabei nicht bewusst sein, überwiegend geschieht es unbewusst. Zum Beispiel können Neid und Missgunst dahinter stecken.
Denkbar ist auch, dass lästernde Kollegen auf etwas verdrehte Weise Nähe und Vertraulichkeit zum jeweiligen Gesprächspartner herstellen wollen. Indem sie Herrn X bei Ihnen schlecht machen, schmieden diese Kollegen ein verschwiegenes Bündnis mit Ihnen, weil Sie nun zum Mitwisser werden und gemeinsam ein „Geheimnis“ teilen.
Eher selten ist der Hintergrund des Lästerns am Arbeitsplatz, dass der Urheber vorhat, das Ansehen seines Opfers bewusst und vorsätzlich zu beschädigen. Doch natürlich kommt auch das vor. Dabei kann es sich um übertriebenes Konkurrenzverhalten oder simple Boshaftigkeit handeln. Ihre Kollegin lästert über jeden und lässt an niemandem ein gutes Haar? Dann steckt vermutlich kein Karriereplan dahinter. Zieht sie dagegen ausschließlich über ihren direkten Vorgesetzten her, ist sie wahrscheinlich eher an seiner Stelle als am Verbreiten von Gemeinheiten interessiert.
Die Folgen des Lästerns
„Die Kollegen lästern über mich“: Wer mit dieser Gewissheit zur Arbeit geht, wird kaum besonders motiviert sein, sich energisch in die Arbeit zu stürzen und Tag für Tag sein Bestes zu geben. Dass das Betriebsklima und produktive Arbeiten darunter leiden, liegt klar auf der Hand.
Das Lästern am Arbeitsplatz hat überhaupt keine positiven Auswirkungen, sondern ausschließlich schädliche Folgen, unter anderem:
- Beeinträchtigung des Arbeitsklimas und der Teamdynamik
- Vertrauensverlust zwischen Kollegen
- Erhöhtes Konfliktpotenzial und Spannungen im Team
- Reduzierte Produktivität durch Ablenkung und Stress
- Risiko von Mobbing oder Diskriminierung
- Schlechtes Image des Unternehmens bei den Mitarbeitern
- Mögliche disziplinarische Maßnahmen seitens des Arbeitgebers
Im schlimmsten Fall entsteht aus der vermeintlich harmlosen Lästerei ernsthaftes Mobbing. Lästern wird zu Mobbing, wenn es systematisch, wiederholt und gezielt gegen eine Person gerichtet ist, um sie zu schikanieren, zu demütigen oder zu isolieren. Wenn das negative Verhalten eine Person absichtlich und über einen längeren Zeitraum belästigt oder schädigt, ist es als Mobbing einzustufen.
Lästernde Kollegen – was tun?
Hat das Lästern an Ihrem Arbeitsplatz ein unerträgliches Ausmaß erreicht, haben Sie verschiedene Möglichkeiten, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Fast immer ist der erste Schritt ein klärendes Gespräch. Aber Vorsicht: Spielt Ihr Gesprächspartner Ihren Eindruck herunter oder streitet alles ab, steckt mehr als eine schlechte Angewohnheit dahinter. Eventuell erleben Sie gerade „Gaslighting“ und ihr Gegenüber zeigt noch mehr toxische Verhaltensweisen.
So machen Sie der Lästerei ein Ende:
- Sprechen Sie respektvoll und sachlich mit dem lästernden Kollegen und zeigen Sie ihm auf, wie sein Verhalten sich auf das Arbeitsumfeld auswirkt.
- Setzen Sie klare Grenzen: Zeigen Sie, dass Sie nicht an lästernden Gesprächen teilnehmen möchten und lehnen Sie diese höflich ab. Gegebenenfalls verlassen Sie den Raum.
- Informieren Sie andere Betriebsangehörige. Falls das Lästern trotz Ihrer Intervention anhält, sprechen Sie mit Vorgesetzten oder der Personalabteilung darüber.
- Fokussieren Sie sich auf Ihre Arbeit. Lassen Sie sich durch das Lästern am Arbeitsplatz nicht von Ihren Aufgaben ablenken.
Lästere ich etwa selbst?
Da das Lästern am Arbeitsplatz häufig unbewusst geschieht, ist nicht auszuschließen, dass Sie es gelegentlich selbst tun. Prüfen und beobachten Sie sich. Wenn Sie über Kollegen sprechen, die nicht anwesend sind, fragen Sie sich, warum genau Sie etwas sagen:
- Dient es dem Fortgang der Arbeit
- Ist es eine Information, die Ihr Gesprächspartner benötigt
- Ist es wahr?
- Ist es freundlich, was Sie Dritten über jemanden mitteilen wollen?
Wenn Sie alle Fragen mit einem Nein beantworten, handelt es sich höchstwahrscheinlich um Lästern. In diesem Fall verzichten Sie vielleicht lieber auf die Bemerkung.
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