Wenn Arbeitnehmer oder Arbeitgeber eine Kündigung des Arbeitsvertrags zurückziehen wollen, kommt es auf den Willen des anderen an. Lesen Sie hier, wie Sie am besten vorgehen!

Lebensentscheidungen aus dem Moment heraus sind keine Seltenheit: Eine hitzige Diskussion am Arbeitsplatz kann temperamentvollen Menschen schon ausreichen, um dem Chef „Ich kündige!“ zuzurufen. Manch ein Arbeitnehmer bereut das aber, sobald er sich beruhigt hat. Dann möchte er die Kündigung am liebsten zurückziehen. Ebenso gut kann ein kleiner Fehler der Personalabteilung dafür verantwortlich sein, dass die falsche Person im Unternehmen die Kündigung erhalten hat und der Urheber sie so schnell wie möglich zurücknehmen möchte. Was ist in diesem Fall zu tun – und wie ist die Rechtslage in Deutschland?

Portrait einer lächelnden Frau, die zur Seite blickt
Portrait einer lächelnden Frau, die zur Seite blickt

Mündliche Kündigung war voreilig – was nun?

Es gibt eine gute Nachricht für Hitzköpfe: Wer kurz die Nerven verloren und dem Vorgesetzten mitgeteilt hat, er kündige jetzt, hat gar keine Rechtsfolgen zu befürchten, falls er es sich anders überlegt. In Deutschland ist zwar der Abschluss eines Arbeitsvertrages auch mündlich wirksam, eine Kündigung hingegen nicht.

Das bedeutet, ein Arbeitnehmer braucht nichts zu tun, wenn er eine mündliche Kündigung ausgesprochen und es sich später anders überlegt hat. Die unwirksame mündliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses hat keinerlei rechtliche Relevanz und bedarf daher auch keiner Rücknahme. Gleichwohl dürfte kaum ein Vorgesetzter über eine solche Äußerung hinwegsehen und zum Tagesgeschäft übergehen. Ein klärendes Gespräch samt Entschuldigung ist in diesem Fall angebracht.

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Hat der Arbeitgeber versehentlich eine mündliche Entlassung ausgesprochen oder sich anschließend anders entschieden, gilt das Gleiche. Die verbale Kündigung hat keine Rechtskraft und ist daher vollkommen wirkungslos. Das Vertragsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bleibt davon unberührt in Kraft. Möchte der Dienstgeber eine mündliche Kündigung zurückziehen, ist nichts weiter zu tun. Auch hier ist es ratsam, sich auszusprechen und zu entschuldigen, damit das gegenseitige Vertrauensverhältnis keinen Schaden nimmt.

Schriftliche Kündigung – gültig nur mit Unterschrift

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses verlangt in Deutschland ausdrücklich nach der Schriftform. Ist eine Kündigung schriftlich erfolgt, erhält diese Rechtswirksamkeit. Das gilt allerdings nicht für Beendigungen des Arbeitsverhältnisses per SMS, E-Mail oder Textnachrichten auf anderen Wegen. „Schriftlich“ heißt in diesem Fall, dass eine unterschriebene Ausfertigung in Papier vorliegen muss. Aber Achtung: Anders als bei der mündlichen Variante ist es rechtlich unmöglich, eine schriftlich eingereichte, unterschriebene Kündigung zurückzuziehen.

Kündigung zurückziehen: Frist

Generell handelt es sich bei einer Beendigung des Dienstverhältnisses um eine einseitige Willenserklärung, welche ihre Rechtswirkung ohne Zutun des Empfängers entfaltet. Dessen Einverständnis ist nicht erforderlich. Trotzdem haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber natürlich die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis auf beidseitigem Wunsch hin wieder aufzunehmen. Die Beschäftigung endet aber zunächst mit Ablauf der Kündigungsfrist.

Wie lange kann man eine Kündigung zurückziehen?

Eine schriftliche Kündigung zurückzuziehen bedeutet rechtlich, ein Angebot für den Abschluss eines neuen Vertrages abzugeben bzw. je nach Zeitpunkt den Arbeitsvertrag wieder aufleben zu lassen und die Kündigung als gegenstandslos zu erklären. Dieses kann die andere Partei annehmen oder ablehnen. Nimmt sie an, lebt der alte Arbeitsvertrag (je nach Formulierung) wieder auf oder es kommt ein neuer Arbeitsvertrag zustande. Hierfür gelten keine Fristen, denn das Gesetz schreibt prinzipiell niemandem vor, wann er Angebote abzugeben hat.

Es scheint jedoch nutzlos, die Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses nach dem Ende der Kündigungsfrist zurückzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt hat ein gekündigter Arbeitnehmer oft schon einen neuen Arbeitsplatz gefunden – und ein Arbeitgeber bereits einen Nachfolger eingestellt. Demnach besteht meist auf beiden Seiten kein Interesse mehr an der Fortsetzung der Anstellung. 

Etwas anders verhält es sich, wenn ein Kündigungsschreiben des Arbeitgebers Fehler aufweist. Der Beschäftigte kann nach seiner Wahl eine Kündigungsschutzklage einreichen. Unternimmt er nichts, tritt nach dem Verstreichen der dreiwöchigen Klagefrist trotzdem die Rechtswirkung der Kündigung ein – und das Arbeitsverhältnis endet. Hier liegt die Entscheidung also allein beim Angestellten. 

Wie jede Willenserklärung lässt sich auch eine formal und inhaltlich korrekte Kündigung nach den allgemeinen Grundsätzen des deutschen Zivilrechts anfechten. Als Anfechtungsgründe kommen Irrtum, arglistige Täuschung oder Drohung in Betracht. Obwohl eine solche Anfechtung theoretisch möglich ist, spielt sie bei der Rücknahme von Kündigungen in der Praxis keine große Rolle. Für gewöhnlich verständigen sich die beteiligten Parteien in diesem Fall auf die Zahlung einer Abfindung an den gekündigten Arbeitnehmer. Die Höhe der Zahlung hängt dabei üblicherweise von den potenziellen Erfolgsaussichten in einem potenziellen Prozess ab.

Nach der Kündigung

Hat sich der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber umentschieden und möchte die Auflösung des Arbeitsverhältnisses rückgängig machen, bleibt ihm nichts anderes übrig, als auf den anderen zuzugehen und zu hoffen, dass dieser einverstanden ist. Abhängig von den Kündigungsumständen, sollte sich die verantwortliche Seite erklären, entschuldigen und um die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bitten.

Dies muss schriftlich oder im Zusammenhang mit einem persönlichen Gespräch stattfinden. Der richtige Weg hängt sehr von den Gegebenheiten des einzelnen Arbeitsplatzes ab. Wer in einem Familienbetrieb tätig ist, sucht vielleicht eher das persönliche Gespräch mit dem Inhaber – wer in einem Großkonzern arbeitet, schreibt an die Personalabteilung.

Kündigung zurückziehen Vorlage

Unterschiedliche Vorlagen für das Zurückziehen der einseitigen Vertragsauflösung des Arbeitsverhältnisses finden sich zum Beispiel im Internet. Grundsätzlich gibt es bei der Gestaltung eines derartigen Schreibens keine strengen formalen Vorgaben. Folgender Mustertext enthält alle erforderlichen Punkte und kann einer ersten Orientierung dienen:

Name und Adresse des Arbeitnehmers
Name und Adresse des Unternehmens
Ort und Datum

Zurückziehen der Kündigung

Sehr geehrte Damen und Herren,

nach sorgfältiger Überlegung widerrufe ich die am TT.MM.JJ ausgehändigte/versendete Kündigung des mit Ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses.

Ich erkläre bezugnehmend darauf, dass ich an der ausgesprochenen Kündigungserklärung nicht länger festhalte und in Zukunft keinerlei Rechte aus ihr ableiten werde.

In diesem Zusammenhang biete ich Ihnen die Fortsetzung des seit TT.MM.JJ bestehenden Arbeitsvertrags zu unveränderten Bedingungen an. Sofern Sie damit einverstanden sind, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, bitte ich Sie um eine schriftliche Bestätigung.

Ich bedanke mich für Ihr Verständnis.

Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift des Arbeitnehmers

Arbeitgeber, die eine Kündigung zurückziehen wollen, tun gut daran, zuerst selbst mit dem Mitarbeiter zu sprechen und müssen ebenfalls eine schriftliche Vereinbarung über die Rücknahme der Kündigung schließen. 

Vertrauen erneuern

Nach einer zurückgenommenen Kündigung ist klar, dass die Beteiligten kaum einfach so tun können, als wäre nichts passiert. Je nach den Umständen, die zu der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses geführt haben, ist die Vertrauensbasis zwischen Arbeitgeber und -nehmer mehr oder weniger beschädigt. Auch eine angemessene Entschuldigung macht das Ereignis nicht gänzlich ungeschehen. Der Kündigungsempfänger weiß nun, dass der andere Teil vorhatte, das Arbeitsverhältnis aufzulösen oder zumindest dazu bereit war.

Trotzdem haben sich beide dagegen entschieden, die Zusammenarbeit tatsächlich zu beenden. Dafür müssen gute Gründe vorliegen. Es ist hilfreich, sich in der Folgezeit auf diese Aspekte zu konzentrieren und nach vorne zu schauen. Als Arbeitnehmer können Sie nach diesem Vorfall allerdings nicht davon ausgehen, dass eine kurzfristige Beförderung auf Sie wartet. Behalten Sie im Hinterkopf, dass Sie mit der Kündigung Ihre Karrierechancen in diesem Unternehmen zumindest eine Zeitlang verringert haben.

Im Gegenzug müssen Arbeitgeber damit rechnen, dass sich ein erst gekündigter und dann doch weiter beschäftigter Mitarbeiter langfristig anderweitig umsieht. Das wäre auch allen Beteiligten zu raten, wenn sich das Vertrauensverhältnis längere Zeit nach einer zurückgenommenen Kündigung trotz beiderseitiger Bemühungen nicht restlos wiederherstellen lässt.

Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist auf Dauer wenig sinnvoll, wenn der Vorgesetzte ständig mit einer neuen Kündigung rechnet und der Arbeitnehmer sich dauerhaft in seinem persönlichen Vorankommen eingeschränkt sieht. In solchen Fällen ist eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses die bessere Lösung.

Wie auch immer es nach einem Eklat weitergeht – wir wünschen Ihnen ein auch künftig ein harmonisches Arbeitsleben.

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