Kennen Sie diese Situation? Sie haben sich bei mehreren Unternehmen beworben. Für eine Stelle brennen Sie, aber der Wunscharbeitgeber lässt sich mit seiner Entscheidung Zeit. Sie wollen auf der sicheren Seite sein und nehmen das Vertragsangebot einer anderen Firma an, unterschreiben und dann passiert es: Das favorisierte Unternehmen gibt Ihnen eine Zusage und bittet zur Unterschrift. 

In so einem Fall befindet sich der Bewerber in er Zwickmühle. Fragen kommen auf: Ist eine Kündigung vor Arbeitsbeginn erlaubt – und soll man es überhaupt wagen, den anderen Job abzusagen? Erfahren Sie hier, was bei einer Kündigung vor Arbeitsantritt zu beachten ist.

Arbeitsvertrag vor Antritt kündigen: mögliche Gründe

Es gibt einige Umstände, die Bewerber veranlassen, einen Arbeitsvertrag zu kündigen, bevor das Arbeitsverhältnis überhaupt richtig begonnen hat. Neben dem Traumjob, der wider Erwarten doch noch Realität wird, können auch persönliche Gründe des Bewerbers eine Rolle spielen. Zum Beispiel kann ein unvorhergesehenes Ereignis, wie etwa ein Pflegefall in der Familie, plötzlich einen dauerhaften Umzug erfordern oder die Lebensumstände anderweitig ändern.

Die Kündigung vor Arbeitsantritt kann auch vom Arbeitgeber ausgehen. Möglicherweise haben sich betriebliche Gegebenheiten verändert oder das Unternehmen hat erst nach der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages etwas Nachteiliges über den Bewerber erfahren. An einer Kündigung vor Arbeitsantritt können also beide Parteien interessiert sein – es gelten aber unterschiedliche  Regeln.

ein Mann sitzt an einem Hochtisch in einem Bistro und blickt auf sein Smartphone
ein Mann sitzt an einem Hochtisch in einem Bistro und blickt auf sein Smartphone

Gesetzliche Vorgaben

Grundsätzlich ist es möglich, den Arbeitsvertrag vor Antritt zu kündigen. Also kann man von einem bereits unterschriebenen Arbeitsvertrag zurücktreten? Nein, denn das Gesetz kennt keinen Rücktritt vom Arbeitsvertrag vor Arbeitsbeginn. Es gibt kein Widerrufsrecht wie bei manchen Kaufverträgen. Wer einen unterschriebenen Arbeitsvertrag vor Antritt kündigen möchte, muss dabei die gleichen Kündigungsfristen und Formvorschriften einhalten wie bei jeder anderen Kündigung.

Kündigungsfristen

Wenn Sie den Arbeitsvertrag kündigen vor Antritt gibt es für die einzuhaltende Kündigungsfrist verschiedene Möglichkeiten:

  • Gesetzliche Kündigungsfrist – ist nichts anderes vereinbart, kündigen Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit der gesetzlichen Frist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende des Monats.
  • Vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist – die Parteien kündigen innerhalb der im Vertrag genannten Frist.
  • Vereinbarte Probezeit – ist bei einer Kündigung vor Arbeitsantritt Probezeit vereinbart, gilt die vertraglich zugrunde liegende Dauer der Probezeit (meist 14 Tage).

Häufig dauert es bis zum ursprünglich vorgesehenen Arbeitsantritt noch einige Wochen. Daraus kann sich ergeben, dass eine kurze Kündigungsfrist noch vor dem Eintrittsdatum endet – etwa bei vereinbarter Probezeit. Der Arbeitnehmer tritt die Stelle dann völlig rechtmäßig einfach nicht an.

Endet die einzuhaltende Kündigungsfrist nach dem vereinbarten Arbeitsbeginn, ist der neue Angestellte verpflichtet, die Stelle anzutreten und dem Arbeitgeber bis zum Ende der Kündigungsfrist mit seiner Arbeitsleistung zur Verfügung zu stehen. Es ist nicht ratsam, dem unerwünschten Arbeitsplatz einfach fernzubleiben. Entsteht dem Arbeitgeber dadurch ein Schaden, ist er berechtigt, Ersatz zu fordern.

In der Praxis sind aber nur die wenigsten Arbeitgeber daran interessiert, unwillige Neuzugänge zwangsweise für ein paar Tage oder Wochen zu beschäftigen. Üblich ist in solchen Fällen, sich zu einigen und einvernehmlich einen Aufhebungsvertrag zu schließen.

Vertraglicher Ausschluss der Kündigung vor Arbeitsantritt

Der unterzeichnete Arbeitsvertrag kann Klauseln enthalten, die eine Kündigung vor Arbeitsbeginn ausschließen oder mit einer Vertragsstrafe belegen. Bevor Sie Ihren Arbeitsvertrag vor Arbeitsbeginn kündigen, vergewissern Sie sich besser sorgfältig, dass der Vertrag keine derartige Vereinbarung enthält. Sollte dies doch der Fall sein, lassen Sie sich besser anwaltlich beraten.

Kündigungsschreiben

Für das Kündigungsschreiben gilt dasselbe wie für jede fristgerechte Kündigung. Diese Anforderungen muss die Kündigung erfüllen: 

  • Schriftform mit eigenhändiger Unterschrift erforderlich (keine E-Mail, kein Fax)
  • Vollständige Anschriften von Arbeitnehmer und Arbeitgeber angeben
  • Gegebenenfalls Stellenbezeichnung oder Personalnummer (sofern schon erteilt) angeben
  •  „Kündigung“ muss wörtlich erscheinen
  •  Datum und Kündigungsfrist ordnungsgemäß angeben

Lesen Sie mehr über die Anforderungen an ein Kündigungsschreiben, was einen professionellen Auftritt bei der Kündigung ausmacht und wo Ihre Rechte und Pflichten liegen auf der Themenseite „Arbeitsvertrag kündigen”.  

Kündigung vor Arbeitsantritt Muster

Liegt die Kündigungsfrist noch vor dem eigentlichen Arbeitsbeginn, eignet sich folgender Mustertext:

Name/Adresse Arbeitnehmer
Firmierung/Adresse Arbeitgeber
Datum

Personal-Nr. 1234, Kündigung meines Arbeitsvertrages vom TT.MM.JJJJ

Sehr geehrte Damen und Herren,

leider muss ich Ihnen mitteilen, dass ich das zum TT.MM.JJJJ beginnende Arbeitsverhältnis fristgerecht zum TT.MM.JJJJ kündige und somit nicht antrete.

Ich bitte Sie um Zusendung einer Bestätigung über den Erhalt meiner Kündigung.

Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift Arbeitnehmer

Kündigung vor Arbeitsbeginn durch Arbeitgeber

Wird dem künftigen Arbeitnehmer vor Antritt gekündigt, empfiehlt sich eine sorgfältige Prüfung, ob die Kündigung alle erforderlichen Angaben enthält. Andernfalls wäre eine Kündigungsschutzklage möglich. Hinzu kommt noch eine Verpflichtung, die einseitig den Arbeitgeber trifft: Anders als ein Arbeitnehmer muss er die Kündigung begründen. 

Infrage kommen dafür:

  •  Gründe, die in der Person des zukünftigen Mitarbeiters liegen
  •  Gründe, die im Verhalten desjenigen bestehen
  •  Betriebsbedingte Gründe

Professioneller Umgang

Sicher fällt es jedem schwer, dem Gegenüber reinen Wein einzuschenken und zu verkünden: „Ich habe den Arbeitsvertrag unterschrieben, will aber nicht anfangen.” Auch wenn es unangenehm ist, gehen Sie besser, fair und professionell mit Ihrem Sinneswandel um. Dazu gehört, so früh wie möglich Bescheid zu geben. Auch die andere Seite verteilt sehr wahrscheinlich Absagen an andere Bewerber, nachdem sie sich für Sie entschieden hat. Eventuell verhindert Ihr Zögern, dass jemand anderes eine Zusage bekommt, was eigentlich nicht in Ihrem Interesse ist.

Kommunizieren Sie Ihre Entscheidung sachlich und vernünftig. Als Arbeitnehmer müssen Sie keine Begründung nennen und es ist auch nicht unbedingt ratsam, das zu tun. Es ändert nichts an der Tatsache, dass Sie kündigen werden, birgt aber zusätzliches Potenzial für Argumentation und Konflikte. Für den verhinderten Arbeitgeber bedeutet Ihre Kündigung vor Arbeitsbeginn eine klare Ablehnung und den Verweis auf den zweiten Platz. Das nimmt nicht jeder mit professioneller Gelassenheit hin.

Sind Sie darauf angewiesen, einen Aufhebungsvertrag zu schließen, bitten Sie auf jeden Fall um einen Termin für ein persönliches Gespräch oder ein Telefonat. 

Sie arbeiten in einer Branche, in der jeder jeden kennt, und sind dazu ortsgebunden? Dann besteht die Gefahr, dass ein verärgertes Unternehmen Ihrem Ruf und Ihrer Karriere schadet. Gehen Sie ganz besonders vorsichtig vor, falls anzunehmen ist, dass Sie zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal auf die Firma zurückkommen werden.

Verträge sorgsam schließen

Bedenken Sie immer: Auch wenn Sie die Kündigung vor Arbeitsantritt souverän meistern, wird sie kein Glanzstück Ihres beruflichen Werdegangs. Sie von vornherein zu vermeiden ist der deutlich bessere Weg. Prüfen Sie während einer Bewerbungsphase die eingehenden Angebote sorgfältig, bevor Sie unterschreiben.

Verhandeln Sie lieber sofort: Wenn Sie etwa mit Gehalt oder Arbeitszeit nicht einverstanden sind, besteht bei bereits abgeschlossenem Arbeitsvertrag erst mal keine Option mehr, nachzubessern. Bitten Sie außerdem um Bedenkzeit, wenn Sie bereits eine Zusage haben und trotzdem noch ein besseres Angebot erwarten. Beachten Sie aber im Sinne der Fairness, dass Sie die Zeitspanne nicht in die Länge ziehen sollten.

Um Kündigungen vor Arbeitsantritt vorzubeugen, zahlt es sich aus, wenn Bewerber Ihre Wünsche und Ziele von Anfang an offen kommunizieren. Erörtern Sie gezielt Ihre Perspektiven. Ein Beispiel: Ein Bewerber möchte als Ausbilder tätig sein, weil er die entsprechende Qualifikation erworben hat. Ist dies im Bewerbungsprozess zur Sprache gekommen, weiß der Bewerber schon vor der Vertragsunterzeichnung, ob der Betrieb ihm diese Möglichkeit überhaupt einräumen wird. Umgekehrt kann sich der interessierte Arbeitgeber darauf einstellen, dass bestimmte Dinge für einen Kandidaten Priorität haben. Das verhindert Missverständnisse und falsche Annahmen wirksam.

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