Wenn der Berufsalltag zum Problem wird und das gesamte Leben darunter leidet, sollten Arbeitnehmer die Reißleine ziehen. Manche würden lieber heute als morgen das Handtuch werfen. Dann stellt sich die Frage: Soll ich kündigen ohne neuen Job? Wir verraten Ihnen, wann dieser Schritt der richtige sein kann und was Sie beachten müssen.

Sofort raus aus dem Job? Diese Gründe sprechen dafür

Eine Kündigung ohne neuen Job – davon wird in der Regel abgeraten. Denn es besteht immer das Risiko, im Anschluss keine passende Stelle zu finden. Das kann einerseits eine große finanzielle Belastung darstellen und andererseits die eigene Attraktivität auf dem Jobmarkt mindern. Dauert die Arbeitslosigkeit länger an, leidet oftmals auch das Selbstwertgefühl darunter. Eine Kündigung sollte im Idealfall also erst dann erfolgen, wenn der neue Arbeitsvertrag unterschrieben ist.

Dennoch gibt es Situationen, in denen ein Verbleib im aktuellen Job das größere Übel darstellt. Dann sollten Arbeitnehmer eine Kündigung auch ohne die Sicherheiten einer neuen Stelle in Betracht ziehen. 

Beeinträchtigung der Gesundheit

Auch im Arbeitsleben sollte die eigene Gesundheit immer an erster Stelle stehen. Schließlich verbringen die meisten Menschen einen Großteil des Tages in ihrem Job. Sind Beschäftigte im Berufsalltag negativen Faktoren wie permanentem Stress, einer schlechten Arbeitsatmosphäre, einer unfähigen Führungskraft oder gar Mobbing ausgesetzt, können körperliche und seelische Erkrankungen die Folge sein.

Derartige Zustände sollte niemand einfach hinnehmen und erdulden. Führt selbst ein klärendes Gespräch nicht zu einer Besserung der Situation, ist eine Kündigung auch ohne neuen Job in manchen Fällen der beste Weg. Wenn Sie sich im Job dauerhaft unglücklich fühlen, kann das Ihre Gesundheit ebenfalls beeinträchtigen. Gemeint sind hier nicht kleinere Ärgernisse, die jeder Beschäftigte aus dem Joballtag kennt. Vielmehr geht es um eine tiefgreifende Frustration, die im weiteren Verlauf zu Depressionen oder resignativem Verhalten führen kann. Stellt Ihre Arbeit für Sie eine derartige Sackgasse dar und belastet Ihr gesamtes Leben, ist eine zeitnahe Kündigung der richtige Schritt. Denn oftmals kehrt erst mit diesem Befreiungsschlag die Energie zurück und der Blick wird frei für neue berufliche Möglichkeiten.

Hinweis: Manchmal sind Narzissten die Ursache für eine negative Arbeitsatmosphäre. Lesen Sie, wie Sie mit narzisstischen Kollegen umgehen.

Ausnutzung durch Arbeitgeber

Wer sein Arbeitspensum auf Verlangen des Arbeitgebers dauerhaft nur durch Überstunden bewältigen kann und dafür weder eine Vergütung noch Freizeitausgleich erhält, wird offensichtlich ausgenutzt. Denn die Arbeitszeit darf nur in engen Ausnahmefällen auf bis zu zehn Stunden täglich erhöht werden. Die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) sind hier maßgeblich.

Stößt die Bitte um Entlastung beim Arbeitgeber auf taube Ohren, helfen in den meisten Fällen allerdings auch keine Verweise auf das Arbeitszeitgesetz mehr. Erst eine Kündigung wird Sie vor dem drohenden Burnout bewahren und Ihnen die Zeit geben, nach einer neuen Stelle mit besseren Konditionen zu suchen. Und falls Ihr Arbeitgeber es versucht: Eine rein verbale Wertschätzung Ihrer Arbeitsleistung mag zwar schmeichelhaft sein, sollte jedoch niemals als Ersatz für einen Ausgleich der Überstunden akzeptiert werden. 

Gefährdung der Sicherheit

Setzt der Arbeitgeber seine Angestellten der vermeidbaren Gefahr von Unfällen oder Gesundheitsrisiken aus, sollten Beschäftigte sofort handeln. Führt eine direkte Ansprache nicht zur Behebung der Missstände, sind diese unbedingt der zuständigen Aufsichtsbehörde zu melden. Wenn der Job die eigene Sicherheit gefährdet, ist in diesem Fall sogar eine fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer möglich.

nachdenkliche Frau sitzt vor einer Tafel an einem Tisch mit einem Stift in der Hand
nachdenkliche Frau sitzt vor einer Tafel an einem Tisch mit einem Stift in der Hand

Lesetipp

Handeln Sie unüberlegt, kann es schnell zu einer Kurzschlussreaktion kommen. Sie haben Ihren Arbeitsvertrag voreilig gekündigt und bereuen dies nun? Erfahren Sie die rechtlich relevanten Aspekte beim Zurückziehen der Kündigung.

Tipps erhalten

Gespräch vor Kündigung wichtig

Für eine Kündigung ohne neuen Job in der Tasche kann es gute Gründe geben. Manchmal ist die Situation bereits so verfahren oder belastend, dass Beschäftigte vorab auch kein klärendes Gespräch mehr mit ihrem Arbeitgeber führen können oder wollen. Dann sollte der Fokus allein darauf liegen, das aktuelle Beschäftigungsverhältnis zu beenden und wieder neue Kraft zu tanken.

Arbeitnehmer sollten sich dann auch nicht mit der Frage belasten, welchen Eindruck ihre Entscheidung wohl bei zukünftigen Bewerbungen macht. Bessere Gründe als die eigene Gesundheit und Sicherheit gibt es nicht. Wer sich darüber im Klaren ist, wird diesen Schritt auch überzeugend begründen können. Zudem ist es ein klarer Vorteil, bei guter Gesundheit und selbstbewusst in Gespräche mit potenziellen neuen Arbeitgebern gehen zu können.

Ist eine Aussprache mit dem aktuellen Arbeitgeber vor der geplanten Kündigung jedoch möglich, sollten Beschäftigte in jedem Fall davon Gebrauch machen. Klären Sie dabei folgende Punkte:

  • Warum fühlen Sie sich innerhalb Ihres aktuellen Jobs unwohl?
  • Welche Probleme gibt es konkret?
  • Welche Auswirkungen hat das auf Ihren Alltag und Ihre Gesundheit?
  • Wie könnte man die Probleme lösen und die Situation langfristig verbessern?
  • Welche Konsequenzen müssen Sie ziehen, wenn sich nichts ändert?

Unter Umständen wusste Ihr Arbeitgeber bislang gar nichts von den bestehenden Problemen. Am wichtigsten ist jedoch, dass er zu einer positiven Veränderung bereit ist. Geben Sie Ihrem aktuellen Job noch eine Chance, wenn man Ihnen die dafür benötigte Unterstützung anbietet. Das gilt umso mehr, wenn neben Ihnen selbst auch noch Familienmitglieder von den Auswirkungen einer Kündigung betroffen wären. Die Kündigung als letztes Mittel können Sie dann notfalls immer noch in Betracht ziehen und sich in der Zwischenzeit sicherheitshalber schon einmal nach neuen Stellen umsehen.

Job kündigen ohne Sperre

So gerechtfertigt eine Kündigung Ihnen selbst auch erscheinen mag: Wer aus eigenen Stücken  – ohne einen neuen Job zu haben –  seine Stelle aufgibt, hat seine Arbeitslosigkeit grundsätzlich selbst verursacht. Die Agentur für Arbeit kann daher beim Arbeitslosengeld eine Sperrfrist von bis zu drei Monaten verhängen. In der Regel wird damit auch die Bezugsdauer um diesen Zeitraum gekürzt.

Allerdings gibt es Ausnahmen, die eine Eigenkündigung auch ohne anschließende Sperre des Arbeitslosengelds ermöglichen. Diese sogenannten „wichtigen Gründe“ müssen Sie jedoch nachweisen und – wo möglich – immer erst eine Behebung des Problems anstreben:

  • Sie werden an Ihrem Arbeitsplatz gemobbt. Führen Sie in diesem Fall am besten eine Art Tagebuch, in dem Sie die Vorfälle notieren. Auch Zeugen sind hilfreich. Diese müssen jedoch nicht zwingend aus dem problematischen Arbeitsumfeld stammen. Familienmitglieder und Freunde werden ebenfalls bestätigen können, wenn der Job Ihren Alltag negativ beeinflusst. Sprechen Sie am besten auch frühzeitig mit einem Arzt über die gesundheitlich belastende Situation. Falls erforderlich, kann er Ihnen ein Attest ausstellen.
  • Sie sind aufgrund Ihrer Arbeit derart überlastet oder überfordert, dass Ihre Gesundheit darunter leidet. Auch hier gilt: Lassen Sie sich Ihren Zustand unbedingt von einem Arzt attestieren und halten Sie die Probleme in Ihrem Berufsalltag schriftlich fest.
  • Sie sind der vermeidbaren Gefahr von Unfällen oder Gesundheitsrisiken ausgesetzt, da Ihr Arbeitgeber die Standards für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz missachtet.
  • Ihr Arbeitgeber hat Ihnen wiederholt kein oder zu wenig Gehalt gezahlt oder Sie haben Ihr Geld immer wieder zu spät erhalten.
  • Man hat Ihnen im Job Gewalt angedroht oder angetan, Sie sexuell belästigt oder aufgefordert, eine Straftat zu begehen.

Wichtig: Stellt Ihre Arbeit eine nicht beeinflussbare Bedrohung für Ihre Gesundheit oder Ihr Leben dar, sollten Sie sich dieser Gefahr natürlich nicht länger aussetzen. Oftmals ist hier sogar eine fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer möglich. Fragen Sie also direkt Ihren Ansprechpartner bei der Agentur für Arbeit, wie Sie sich verhalten sollen.

In allen anderen Fällen müssen Sie mindestens einen Versuch unternehmen, den „wichtigen Grund“ zu beseitigen und eine Kündigung ohne neuen Job abzuwenden. Das kann beispielsweise ein klärendes Gespräch mit dem Vorgesetzten oder das Einschalten des Betriebsrats sein. Erst wenn auch dies zu keiner Lösung führt, wird normalerweise auf eine Sperre des Arbeitslosengelds verzichtet. Wenden Sie sich aber auch hier unbedingt vorab an einen Ansprechpartner der Agentur für Arbeit, um Ihre individuelle Situation zu schildern.

Nach dem Job ist vor dem Job

Sie haben sich dazu entschieden, einer extrem belastenden Situation ein Ende zu setzen und auch ohne neuen Job zu kündigen? Dann werden Sie sich vielleicht schon jetzt ein Stück weit besser fühlen. Sie haben Ihr Befinden und Ihre Gesundheit an erste Stelle gesetzt und damit einen Schritt in die richtige Richtung gemacht.

Jetzt gilt es, die vor Ihnen liegende Zeit sinnvoll zu nutzen und das Beste aus Ihrer Entscheidung zu machen:

Berufliche Ziele feststecken

Der nächste Job wartet vielleicht nicht um die nächste Ecke auf Sie. Sie können sich aber bereits mit der Kündigung erste Gedanken machen, wo die berufliche Reise hingehen soll. Waren Sie mit Ihrer Tätigkeit grundsätzlich glücklich? Oder würden Sie sich gerne fachlich weiterentwickeln? Welcher Arbeitgeber passt zu Ihnen? Vielleicht möchten Sie auch in eine andere Branche wechseln. Nutzen Sie die Gelegenheit des Neuanfangs.

Augen und Ohren offenhalten

Halten Sie nach interessanten Stellenangeboten Ausschau – und zwar auf allen Kanälen, die Ihnen zur Verfügung stehen. Hören Sie sich auch im Familien- und Bekanntenkreis um. Zudem hält die Randstad Jobbörse ein umfangreiches Stellenangebot bereit. Welche Jobs sagen Ihnen spontan am meisten zu? Suchen Sie in diese Richtung noch einmal intensiver.

Bewerbungsunterlagen aktualisieren

Geben Sie Ihren Bewerbungsunterlagen ein Update. Welche Erfahrungen und Skills sind mit Ihrem aktuellen beziehungsweise letzten Job neu dazugekommen? Welche Ihrer Stärken und Fähigkeiten sind besonders wichtig für die Jobs, die Sie interessieren? Holen Sie sich Hilfe und Ratschläge in unserem Bewerbungsratgeber.

Positiv und gestärkt in die nächste Runde

Ihr letzter Job war mit negativen Erfahrungen verbunden. Es ist also völlig normal, wenn die Suche nach einer neuen Stelle auch Zweifel und Ängste bei Ihnen hervorrufen. Machen Sie sich aber bewusst, dass Sie nicht der Grund für Ihre Kündigung gewesen sind. Vielmehr haben Sie mit diesem Schritt Ihr berufliches Wohlbefinden und Vorankommen wieder in die eigene Hand genommen. 

Machen Sie das in den kommenden Bewerbungen deutlich und zeigen Sie, wie wichtig Ihnen die Freude an Ihrer Arbeit ist. Besinnen Sie sich auf Ihre Stärken und gehen Sie mit einer positiven und zukunftsorientierten Grundeinstellung in die Gespräche mit potenziellen Arbeitgebern. Das spricht für Sie als Kandidat.

Tipps für die Gehaltsverhandlung beim Jobwechsel

Sie sind startklar für einen neuen Job? Wie Sie beim Stellenwechsel auch mehr Gehalt erzielen, verrät Ihnen unser Karriereratgeber.

weiterlesen