Manipulation hat viele Gesichter
Gaslighting mag wie ein neues Phänomen klingen und ist nach Mobbing die nächste zwischenmenschliche Herausforderung unter Kollegen. Dabei geht der Begriff auf eine Verfilmung aus dem Jahr 1938 zurück und ist somit alles andere als neumodische Stichelei. Es geht hierbei um ein Ehepaar. Der Mann dreht jedes Mal, wenn seine Frau den Raum verlässt, die Gaslampe etwas herunter. Die Frau betritt mehrfach wieder den Raum und bemerkt das dunkler gewordene Licht und äußert dies. Ihr Mann entgegnet ihr, das sei nicht wahr und ihre Wahrnehmung wäre falsch. Sie beginnt, an sich und ihrem Bewusstsein zu zweifeln.
Die bewusste Verunsicherung und psychische Manipulation haben ein perfides Ziel und das dient einzig und allein dem Verursacher: Macht und Kontrolle. Gaslighting ist eher bekannt aus toxischen Beziehungen. Die Verhaltensweisen und Auswirkungen lassen sich allerdings identisch auf das Berufsleben übertragen. Wer zum Opfer von Gaslighting wird, zweifelt zunächst an sich selbst und der eigenen Wahrnehmung.
Wie erkennen Betroffene, ob sie manipuliert werden und was hilft wirklich gegen bösartige Beeinflussung und massive Täuschung? Dieser Blogartikel verrät die geheime Motivation der Gaslighter und zeigt, wie bereits erste Anzeichen erkannt werden.
Was ist Gaslighting?
In der Psychologie wird Gaslighting als Form psychischer Gewalt definiert. Es gibt einen Täter und ein Opfer – manchmal beteiligen sich sogar mehrere Täter an der Manipulation. Das Ziel ist die Verunsicherung des Opfers. Dabei ist dem Verursacher kein Mittel zu schade. Lügen, täuschen, beleidigen und herabsetzen, all das passiert täglich. Diese zwanghafte Manipulation soll dem Opfer suggerieren, dass es selbst keine Kontrolle hat, vergesslich ist oder unfähig. Besonders bösartig ist es, wenn zwei Menschen nicht auf Augenhöhe miteinander kommunizieren, sondern bereits ein Machtgefälle gegeben ist. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Vorgesetzter einen Mitarbeiter gaslightet. Am Ende bleibt das Opfer zutiefst verunsichert und voller Selbstzweifel zurück.
Merkmale von Gaslighting
Vom ersten Verdacht bis zum Beweis ist es für Betroffene ein weiter Weg. Der zentrale Punkt beim Gaslighting zeigt sich ausgerechnet im Fehlen jeglicher Grundlage. Es gibt also nicht diesen einen Fehler, den der Mitarbeiter begradigen und ansprechen kann, es gibt keinen sichtbaren Anlass und vor allem kein wirkliches Scheitern. Da alle Argumente und Vorwürfe erlogen und ausgedacht, manchmal sogar von langer Hand geplant sind, zeigt sich Gaslighting nicht immer deutlich. Dennoch gibt es Warnzeichen, nur sind sie nicht einfach zu erkennen.
Ob jemand eine berechtigte Kritik äußert oder einen Vorgang so schildert, dass alle Schuld beim Opfer liegt, ist nicht ohne Weiteres ersichtlich. Bevor der Betroffene sich also gegen die Manipulation zur Wehr setzen kann, sind bereits mehrere Angriffe erfolgt. Beim Gaslighting haben die Täter ein Zie. Das Ziel ist die Manipulation und die bewusste Herabsetzung des Opfers – bis hin zum völligen Aufgeben. Der Grund liegt niemals beim Betroffenen, sondern immer und ausschließlich beim Täter. Denn es geht nicht um die Person an sich, sondern darum, den Täter in einem besseren Licht erscheinen zu lassen, sich auf der nächsten Stufe auf der Karriereleiter an dem Kollegen vorbei zu schummeln oder aus purer Böswilligkeit und der Lust am Manipulieren heraus zu agieren.
Typische Merkmale sind:
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Einschüchterung
Werden Kollegen oder Untergebene bewusst eingeschüchtert, dient es dazu, sie mundtot zu machen und ihnen ihre Fähigkeiten abzusprechen. Einschüchterung kann durch reine körperliche Präsenz geschehen, indem sich Vorgesetzte oder Kollegen übergriffig oder harsch verhalten. Sie kann aber auch durch verbale Kritik geäußert werden, wenn die Einwände alles andere als konstruktiv sind, sondern nur dazu dienen, jemanden als unfähig darzustellen.
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Ungerechtigkeiten
Ungerechtigkeiten sind ein wesentlicher Faktor beim Gaslighting. Der Betroffene hat alles richtig gemacht und dennoch werden ihm Fehler untergeschoben. Teilweise sind die Fakten manipuliert, sodass ein ungerechter Vorwurf noch nicht einmal zurückgewiesen werden kann. Wurde zum Beispiel die Exceltabelle des Opfers vor der Präsentation verändert, sodass eingebundene Funktionen falsche Summen ergeben, können Betroffene das kaum beweisen und schon mal gar nicht ad hoc während der Präsentation. Gaslighter sind Profis darin, zu manipulieren und Fehler künstlich zu kreieren, um das Opfer zu diskreditieren.
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Ausgrenzung
Alle Kollegen erhalten eine Mail mit der neuen Uhrzeit für das Abteilungsmeeting, nur das Opfer wird „aus Versehen” vergessen? Das Opfer ist sogar im Mailverteiler, nur kommt die Mail niemals beim Empfänger an oder wird schnell in der Mittagspause gelöscht oder zurückgerufen? Wenn sich alle im Team wunderbar verstehen, reicht manchmal die durchtriebene Strategie eines Einzelnen, um auch bei allen anderen Zweifel an der Zuverlässigkeit und Kompetenz des Kollegen zu säen. Das geschieht nicht von einem Tag auf den anderen. Durch nachhaltiges Manipulieren gelingt es dem Gaslighter langfristig, auch die objektivsten Kollegen auf seine Seite zu ziehen.
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Verletzender Sarkasmus
Ironie kann witzig sein und im Team gut ankommen, wenn es einen regen Austausch unter Gleichgesinnten gibt. Verletzender Sarkasmus ist alles andere als lustig, vor allem, wenn sich die Spitzen immer gegen denselben Mitarbeiter richten. Beim Gaslighting schaffen es die Täter, sich selbst als fürsorglich und freundlich zu präsentieren und legen bei der zielgerichteten Verletzung des Opfers ein bemerkenswertes Talent an den Tag. Das geschieht entweder im Zweiergespräch oder hübsch verpackt, sodass andere dem Opfer beispielsweise Hypersensibilität unterstellen. Wer einmal Opfer von sarkastischen Bemerkungen wird, erhält in solchen Konstellationen oft kein Verständnis von Kollegen bei Gegenwehr. Im schlimmsten Fall werden Ungerechtigkeit und Sarkasmus kombiniert, sodass ein Opfer als schlechter Verlierer dasteht, wenn es sich gegen den Angriff wehren möchte.
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Verleumdung
Verleumdung ist ein hochfunktionelles Vorgehen beim Gaslighting, denn der Mitarbeiter ist in den meisten Fällen nicht einmal anwesend, wenn schlecht über ihn gesprochen wird. Aber auch, wenn in Anwesenheit aller, z. B. im Teammeeting, ein Mitarbeiter beschuldigt wird, fällt der Gegenbeweis schwer. Bei fingierten Fehlern ist eine Richtigstellung nicht einmal im Nachgang möglich. Verleumdung zielt ganz eindeutig darauf ab, Mitstreiter zu gewinnen und die Glaubwürdigkeit des Opfers infrage zu stellen.
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Schlechtreden
Schlecht über jemanden zu reden, spielt in einer ähnlichen Liga wie Verleumdung. Nur dass der Täter dafür noch nicht einmal eine glaubwürdige Fehlleistung erwähnen muss. Beim Schlechtreden reichen schon persönliche Abneigungen beim Gegenüber aus. Die Meinung des Täters wird umso eher geteilt, je charismatischer und überzeugender der Gaslighter ist.
Unterschied zwischen Gaslighting und anderen Formen von Missbrauch am Arbeitsplatz
Was unterscheidet Gaslighting von Mobbing, intriganten Wesenszügen oder maligne (bösartig) narzisstisch agierenden Personen? Manche Menschen haben auch einfach häufig schlechte Laune, können eigene Fehler nicht akzeptieren und reden sich dann raus oder suchen die Schuld beim nächstbesten Kollegen. Zwischen manchen Kollegen existiert auch ganz schlicht eine tief verwurzelte Abneigung, die ihre Ursache in den grundverschiedenen Verhaltensweisen oder Angewohnheiten haben kann. Das können simple Dinge wie zu viel Parfüm, häufige Fehlzeiten oder ein chaotischer Arbeitsplatz sein. Wenn Menschen, die im Privatleben niemals Freunde geworden wären, sich täglich acht Stunden am Schreibtisch gegenübersitzen, kann es schon mal zu sarkastischen Bemerkungen oder ungerechten Vorwürfen kommen. Ist das dann schon Gaslighting? Nein!
Ungerechtfertigtes Verhalten am Arbeitsplatz zeigt sich auf vielen Wegen und die meisten davon lassen sich mit einem offenen Gespräch oder etwas Distanz klären. Beim Gaslighting besteht das treibende Element in der bewussten Manipulation durch den Täter. Es geht also gar nicht darum, die eigene Befindlichkeit zu schützen oder einen Tick des Kollegen nicht mehr ertragen zu können, sondern um einen konkreten Vorteil, den der Täter für sich in Anspruch nimmt. Das macht es umso schwieriger, die Motivation hinter der Manipulation zu erkennen. Denn während Mobber oder schlecht gelaunte Kollegen nicht im Geheimen operieren, verschleiert der Gaslighter seine Absichten gekonnt.
Schwierigkeiten bei der Erkennung von Gaslighting am Arbeitsplatz
In toxischen Beziehungen stehen sich zwei Partner im Privatleben gegenüber. Am Arbeitsplatz äußert sich Gaslighting in ähnlichem Verhalten, auch wenn die Berührungspunkte andere sind
Typische Muster und Aussagen für ein mögliches Gaslighting könnten diese Bemerkungen sein:
„Das kann nicht sein, schließlich habe ich es selbst überprüft.“
„Was ist denn jetzt schon wieder?“
„Das klingt wirklich verrückt – merkst du selbst, oder?“
„Das habe ich so nie gesagt!“
„Natürlich habe ich dich darüber informiert. Hast du es etwas schon wieder vergessen?“
„Unseren Dresscode hast du immer noch nicht verstanden, oder?“
„Alle anderen verstehen dich auch nicht.“
„Wenn wir dir nicht immer wieder aus der Patsche helfen würden, hättest du schon längst eine Abmahnung bekommen.“
„Warum bist du schon wieder so überempfindlich?“
„Schiebe deine Fehler bitte nicht anderen in die Schuhe. Hast du zu Hause so was wie Anstand gelernt?“
Gaslighter können all dies in einem freundlichen, ja sogar mitfühlenden Ton äußern. Später kommt eine leichte Verzweiflung dazu, die in der geschauspielerten Machtlosigkeit mündet, diesen unfähigen Kollegen noch weiter zu unterstützen. Beim Gaslighting ist der Täter nicht per se launisch, laut oder vorwurfsvoll – im Gegenteil. Sein Ziel ist es ja, dem anderen das Selbstvertrauen zu nehmen und ihn voller Zweifel an seinen eigenen Fähigkeiten zurückzulassen.
Fatale Auswirkungen von Gaslighting
Da Gaslighting über mehrere Wochen oder Monate betrieben wird, nisten sich die Folgen beim Opfer langsam, aber tief ein. Die Barmer Krankenkasse definiert die Schäden als schwerwiegende Folgen: „Man wird nicht geschlagen oder bedroht, dennoch handelt es sich bei Gaslighting um eine Form von psychischer Gewalt. Die permanenten Zweifel an der eigenen Realität können schwerwiegende Folgen haben: Ein geringes Selbstwertgefühl, mangelnde Lebensfreude, schwere Depressionen, Angststörungen und sogar Selbstmordgedanken.“ Das hat Auswirkungen auf die Psyche, das produktive Arbeiten und das Arbeitsklima.
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Die psychische Gesundheit der Opfer
Massive Selbstzweifel verunsichern weit über das berufliche Umfeld hinaus. Wem über einen längeren Zeitraum hinweg unterstellt wird, er wäre vergesslich, neurotisch und unfähig, der hadert auch im privaten Umfeld mit seiner vermeintlichen Schwäche. Außerdem nehmen viele Beschäftigte Probleme am Arbeitsplatz unfreiwillig mit nach Hause und grübeln auch nach Feierabend über mögliche Ursachen und Lösungen nach. Schlafstörungen, mangelnder Appetit, Ruhelosigkeit bis hin zu Depressionen und Suizidgedanken können auftreten.
Lesen Sie hier mehr zum Thema "Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz".
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Die Produktivität und Leistung am Arbeitsplatz
Wer ständig an sich selbst zweifelt und seine Kompetenz hinterfragt, arbeitet langsamer und weniger zielstrebig. Hier spielt die Angst vor Versagen eine große Rolle. Produktives Arbeiten gelingt immer schlechter und auch die Motivation bekommt einen massiven Dämpfer. Zu einem erfolgreichen Berufsalltag gehören neben berechtigter und konstruktiver Kritik vor allem positives Feedback, denn das motiviert. Ist ein Mitarbeiter überfordert, kann er sich dem stellen und entweder durch Fortbildung, höheres Engagement oder den Wechsel in eine andere Position für Abhilfe sorgen. Beim Gaslighting hat das Opfer leider zunächst kaum eine Chance, aktiv dagegen anzugehen. Das kann erst funktionieren, wenn der Gaslighter auch als solcher identifiziert wurde. Bis dahin hat die Mitarbeiterproduktivität bzw. der Output für das Unternehmen in der Regel schon darunter gelitten – zumindest für einen Zeitraum.
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Das Arbeitsklima und die Unternehmenskultur
Gaslighting wirkt sich nicht nur auf das Opfer aus, sondern betrifft das Arbeitsklima im Team oder in der gesamten Abteilung. Die bewusste Manipulation durch den oder die Täter führt zumindest beim Opfer zu Anspannung und Unwohlsein. Ob und wie sich die Kollegen verhalten, hängt von der Offensichtlichkeit und dem Geschick des Täters ab. Schafft er es, dem Umfeld glaubwürdig die Unfähigkeit des Kollegen zu suggerieren, leidet das gute Miteinander im Team darunter. Wenn Kollegen die vermeintlichen Fehler auffangen müssen oder an den Leistungen des Kollegen zweifeln, ziehen nicht mehr alle an einem Strang. Im besten Fall glauben Kollegen dem Betroffenen und helfen bei der „Überführung“ des Täters. Im schlimmsten Fall schlagen sie sich auf die Seite des Gaslighters und eine konstruktive Zusammenarbeit wird unmöglich. Stammt der Gaslighter aus der Chefetage, ist das gesamte Unternehmen betroffen bzw. infiltriert. Wenn die Unternehmensleitung manipulativ und destruktiv agiert, wird das gesamte Unternehmen toxisch.
Wie verhalten sich Gaslighter?
Ihr perfides und manipulatives Verhalten ist den Tätern nicht unbedingt direkt anzumerken. Gaslighter können lange Zeit im Verborgenen agieren. Je geschickter sie ihre falschen Anschuldigungen und bewussten Täuschungen verstecken, desto weniger offensichtlich ist die Täuschung.
Zu den typischen Verhaltensweisen gehören:
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Passwörter austauschen
Der Gaslighter ändert im Verborgenen das Passwort des Opfers mit der Folge, dass eine Anmeldung nicht schnell möglich ist. Dem Opfer wird so suggeriert, es könne sich das eigene Passwort nicht merken. Wer häufiger sein eigenes Passwort oder eine Aufgabe vergisst, wirkt inkompetent und schusselig. Der Verdacht fällt kaum auf den Gaslighter, schließlich existiert kein offensichtlicher Vorteil für ihn, wenn ein Kollege versagt. Ganz abgesehen von der Verunsicherung kann der Mitarbeiter nicht pünktlich mit der Arbeit beginnen und verpasst unter Umständen sogar einen wichtigen Abgabetermin.
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Termine vorziehen
Werden Termine vorgezogen, haben Mitarbeiter weniger Zeit, sich darauf vorzubereiten und ihren Beitrag für ein Meeting oder eine Präsentation zu vervollständigen. Das wirkt sich auf die Wahrnehmung ihrer Leistung aus und sorgt für immensen Druck.
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Informationen vorenthalten
Werden Mitarbeitern wesentliche Informationen vorenthalten, können sie nicht so effektiv arbeiten, wie gefordert. Sie denken in verkehrten Bahnen, verpassen Abgabefristen oder müssen die Kontaktdaten der Beteiligten mühsam erfragen – all das sorgt für Frust und nimmt Zeit in Anspruch.
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Gerüchte streuen
Streuen Gaslighter üble Gerüchte über das Opfer, ziehen sie so andere Mitarbeiter auf ihre Seite und ein Ungleichgewicht entsteht. Gelingt es dem Täter, einen Graben zwischen die Teamkollegen zu ziehen, fällt es dem Opfer umso schwerer, sich zu verteidigen.
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Gegenstände verschwinden lassen
Wenn Gegenstände verschwinden, ist das nicht nur ärgerlich, sondern hinterlässt ein mulmiges Gefühl. Die Bandbreite der Verdächtigungen reicht von Diebstahl bis zur Vergesslichkeit und dem Opfer bleibt die Beweislast.
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Mitarbeiter bloßstellen
Stellen Gaslighter einen Mitarbeiter bloß, wollen sie ihn bewusst in Misskredit bringen und Kollegen gegen ihn aufhetzen. Gezielt vermeintliche Schwächen und Fehler öffentlich zu machen, führt zu Scham oder Wut beim Opfer.
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Sabotage
Bewusste Sabotage lässt das Opfer nicht nur unfähig erscheinen, sondern kann auch den Unternehmenserfolg beeinträchtigen. Die Schuld schiebt der Gaslighter dem Opfer in die Schuhe und sorgt so für ein schlechtes Betriebsklima. Der betroffene Mitarbeiter muss bei bewusster Sabotage nach den Ursachen suchen und kann sich nicht im selben Zuge zur Wehr setzen.
Wer sind die Täter beim Gaslighting?
Beim Gaslighting kann es einen Verursacher geben, aber auch eine Gruppe von Tätern. Je mehr Personen an der Manipulation beteiligt sind, desto schwieriger wird es für das Opfer. Während bei einem Einzeltäter die Kollegen bei der Identifikation des Gaslighters unterstützen und vor allem moralische Schützenhilfe leisten können, ist das Opfer einer Gruppe komplett ausgeliefert. Die psychischen Auswirkungen sind umso schlimmer, je überzeugender die Manipulation durchgeführt wird. Sofern der Täter ein Vorgesetzter ist, herrscht ein noch größeres Ungleichgewicht und die Möglichkeiten, mit denen Betroffene verunglimpft und verunsichert werden, sind noch umfangreicher. Auch die Struktur im Unternehmen beeinflusst, wie leicht Täter andere Mitarbeiter gaslighten können. Haben Kollegen Zugriff auf die Passwörter, herrscht ein lebendiges und vertrautes Miteinander im Team? Wie hoch ist der Druck und lassen sich Teammitglieder leicht gegeneinander ausspielen, weil ein hohes Konkurrenzdenken vorherrscht? All das wirkt sich darauf aus, wie erfolgreich ein Gaslighter mit seinem Verhalten sein kann.
Praktische Tipps und Ratschläge für Opfer und Arbeitgeber
Wer zum Opfer von Gaslighting wird, steht erst einmal fassungslos vor den gezielten Manipulationsversuchen. Bevor die Verunsicherung tiefere Spuren zeigt, sollten Betroffene auf die Suche nach Beweisen gehen und offen mit den Kollegen oder Vorgesetzten über ihren Verdacht sprechen. Auch professionelle Hilfe von außen kann sinnvoll sein.
Wie können sich Opfer schützen?
Vorwürfe lassen sich am ehesten als haltlos zurückweisen, wenn Beweise gefunden werden. Das kann ein Screenshot von einem aktuellen Stand bei Feierabend sein, eine schriftliche Arbeitsanweisung, die gespeichert wird oder ein Gesprächsprotokoll. Wer den Verdacht hat, dass jemand die eigenen Mails löscht und Termine verlegt, kann anhand einer eigenen Dokumentation schriftliche Nachweise sichern und später vorlegen.
Ein einfacher Weg, sich vor Manipulationen des E-Mail-Accounts oder am eigenen Rechner zu schützen, ist die sichere Verwahrung des Passworts. Sperren Sie außerdem konsequent Ihren Computer, wenn Sie Ihren Arbeitsplatz verlassen – auch wenn die Arbeitsunterbrechung noch so kurz ist.
Im zweiten Schritt sollten Verbündete gesucht werden. Das gelingt leider nicht, wenn die Täter in der Gruppe zusammenhalten. Doch wer die Möglichkeit hat, sich mit anderen zu den Manipulationen auszutauschen, gewinnt wertvolle Unterstützung im Kampf gegen Täuschung und Verunsicherung. Allein der psychologische Aspekt von Mitstreitern ist Gold wert.
Sind die Chancen für das Opfer, sich zur Wehr zu setzen, minimal bis gar nicht vorhanden, hilft nur der Wechsel in eine andere Abteilung oder zu einem anderen Arbeitgeber.
Was können Arbeitgeber tun, um Gaslighting zu verhindern?
Wenden sich Mitarbeiter mit ihrem Verdacht an Vorgesetzte, müssen Beweise gesucht werden. Schließlich sollte sich ein Arbeitgeber zunächst einmal möglichst neutral auf die Suche nach dem Täter begeben. Das Selbstbewusstsein des betroffenen Mitarbeiters können Arbeitgeber stärken, indem sie ihm weiterhin versichern, dass sie ihm vertrauen und gemeinsam überlegen, wie sie die Manipulation identifizieren können. Ein offenes Gespräch mit allen Beteiligten und ein offensiver Umgang mit dem Verdacht kann den Versuch des Täters bereits im Keim ersticken. Die Dynamik im Team sollte langfristig im Auge behalten werden, damit nicht nach wenigen Wochen ein anderer, womöglich wenig selbstbewusster Kollege zum Opfer wird.
Arbeitgeber sollten außerdem dafür sorgen, dass Zugangsdaten ausschließlich personenbezogen vergeben werden (d. h. keine Sammelpasswörter für Anwendungen, die vielen zugänglich sind) und die Beschäftigten für einen sensiblen Umgang mit Passwörtern und dem Zugang zu ihrem Rechner geschult sind.
Ein positives Arbeitsklima in einer gesunden Unternehmenskultur
Langfristig vermeiden Arbeitgeber manipulatives Verhalten, indem sie Tätern keine Bühne geben. Wer sich selbst als Vorgesetzter von seinen Launen leiten lässt und ein Klima aus Angst und mangelnder Offenheit vorlebt, öffnet Gaslighting die Türen. In einem kommunikativen Team, bei dem ein Miteinander auf Augenhöhe selbstverständlich ist und eine positive Fehlerkultur herrscht, haben Gaslighter keine Chance.
Lesetipp
Wo Gaslighting vorherrscht, kommt es zwangsläufig zu Konflikten. Mit Konfliktfähigkeit im Beruf punkten Sie schnell als Problemlöser. Lesen Sie, wie Sie diese soziale Kompetenz erlernen und optimal einsetzen.
weiterlesenRechtliche Schritte und Verantwortlichkeiten
Gaslighting ist nicht strafbar, da es als psychische Gewalt nicht unter den Straftatbestand der Körperverletzung fällt. Ähnlich wie beim Mobbing ist nicht das Mobbing bzw. Gaslighting an sich strafbar, wohl aber die einzelnen Handlungen, da sie als Körperverletzung eingestuft werden. Darunter fällt zum Beispiel Verleumdung, wenn sie als krank machend diagnostiziert wird.
Sofern keine krank machenden Handlungen nachweisbar sind, haben Betroffene bislang lediglich die Möglichkeit, sich an Beratungsstellen wie zum Beispiel den Weißen Ring zu wenden. Vielleicht gibt es auch Institutionen im Unternehmen wie einen Betriebsrat oder arbeitsmedizinische bzw. psychologische Betreuung, die Opfern in diesem Fall innerhalb des Betriebes zur Seite stehen können.
Fragen und Antworten
Hier finden Sie häufig gestellte Fragen zum Thema „Gaslighting“
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Wie erkenne ich Gaslighting?
Werden Mitarbeiter gezielt manipuliert, um ihr Selbstbewusstsein zu zerstören, ist ein Gaslighter am Werk. Gaslighting lässt sich leicht mit narzisstischem Verhalten und Mobbing verwechseln, da auch dieses Verhalten die psychische Verfassung eines Mitarbeiters schädigt. Eindeutige Anzeichen für Gaslighting sind bewusste Manipulation und Täuschung. Typische Verhaltensmuster sind zum Beispiel falsche Behauptungen, üble Gerüchte und der Versuch, dem Opfer glaubhaft eine Schuld einzureden.
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Wie funktioniert Gaslighting?
Durch gezielte arglistische Manipulation wird das Selbstbewusstsein des Opfers zerstört, bis es sich selbst nichts mehr zutraut und seiner Wahrnehmung misstraut. Täter lügen und betrügen, täuschen bewusst und agieren dabei im Verborgenen. Schließlich glauben sowohl die Teammitglieder als auch die Opfer selbst, dass es die Kontrolle verliert und unfähig ist.
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Wie wehrt man sich gegen Gaslighter?
Um sich erfolgreich gegen einen Gaslighter zur Wehr zu setzen, ist ein gesundes Selbstbewusstsein und ein bestärkendes soziales Umfeld die beste Basis. Wer sich nicht so schnell verunsichern lässt, macht sich gezielter auf die Suche nach Beweisen gegen den Gaslighter und holt sich Verbündete ins Team. Eine offene Konfrontation mit dem Verdacht und das Gespräch mit Kollegen und Vorgesetzten sind geeignet, um das Gaslighting zu beenden.
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Welche Menschen machen Gaslighting?
Gaslighter sind manipulativ und geltungssüchtig. Vor allem Narzissten neigen zum Gaslighting. Motivation und Ziel sind Machtausübung und die emotionale Herabsetzung des Opfers.