Ihr gutes Recht?

„Viele Arbeitnehmer wissen nicht, dass ihnen jedes Jahr mehrere Tage Bildungsurlaub zustehen. Daher nehmen sie ihn natürlich auch nicht in Anspruch“, so Dr. Christoph Kahlenberg, Leiter der Randstad Akademie. 

Machen Sie Bildungsurlaub? Nein? Dabei könnten Sie einen gesetzlichen Anspruch darauf haben, je nachdem, in welchem Bundesland Sie arbeiten. Lesen Sie, worauf Sie beim Thema Bildungsurlaub achten müssen.

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Was ist Bildungsurlaub?

Beim Bildungsurlaub handelt es sich nicht um einen Erholungsurlaub, sondern um eine Freistellung durch den Arbeitgeber, die Arbeitnehmer für eine Weiterbildung nutzen. Bildungsurlaub ist demnach keine Freizeit. Er wird gewährt, um sich beruflich oder politisch weiterzuqualifizieren. Währenddessen wird das Arbeitsentgelt weiter vom Arbeitgeber gezahlt. Die Seminarkosten trägt der Arbeitnehmer selbst. Häufig können die Bildungsurlaub-Kosten allerdings von der Steuer abgesetzt werden.

Dabei muss die Fortbildung nicht berufsgebunden sein, ein Yoga Retreat oder eine Studienreise in ein Land, das Sie schon immer mal besuchen wollten, sind ebenso möglich wie kreative Selbstverwirklichung. Allerdings gilt das nicht für jeden Arbeitnehmer, denn Bildungsurlaub ist Ländersache und damit nicht für alle gleich geregelt.

gelber Rucksack, der auf einem Tisch in einem Besprechungsraum steht
gelber Rucksack, der auf einem Tisch in einem Besprechungsraum steht
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Gesetzliche Grundlagen

Wer einen Bildungsurlaub beantragen möchte, sollte sich im Vorfeld über die gesetzlichen Grundlagen informieren. Nicht jeder kann einen Bildungsurlaub beantragen.

In 14 von 16 Bundesländern regelt ein eigenes Bildungsurlaubsgesetz den Anspruch auf zusätzliche freie Tage zur Fortbildung. Lediglich in Bayern und Sachsen besteht gar kein gesetzlicher Anspruch. Die Bildungsurlaub-Dauer ist ebenfalls unterschiedlich geregelt. Je nach Bundesland wird Bildungsurlaub auch als Bildungszeit oder Bildungsfreistellung bezeichnet.

Unterschiede nach Bundesländern

Da Bildungsurlaub Ländersache ist, sind nicht nur die Voraussetzungen, sondern auch die Dauer des Anspruchs unterschiedlich geregelt. Mit Ausnahme von Bayern und Sachsen haben Arbeitnehmer je nach Standort des Arbeitgebers unterschiedliche Ansprüche.

Auch die Bildungsurlaub-Möglichkeiten weichen voneinander ab. In den einzelnen Bundesländern existieren unterschiedliche Listen mit anerkannten Seminaren. Es ist unerheblich, ob der Anbieter aus dem eigenen Bundesland stammt oder ob der Arbeitnehmer dafür verreist. Wichtig ist nur, dass die Maßnahme die Voraussetzungen erfüllt, die in dem Bundesland gelten, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.

Wenn Sie in einem Bundesland arbeiten und in einem anderen wohnen, dann gilt für Sie die Regelung für den Ort, an dem der Arbeitgeber ansässig ist.

Anspruchsberechtigung

Grundsätzlich hat nicht jeder Anspruch auf Bildungsurlaub. Im Einzelnen ist die Berechtigung zum Bildungsurlaub im Gesetz der Länder geregelt. Arbeitnehmer können erst Bildungsurlaub beantragen, wenn sie mindestens sechs oder zwölf Monate bei demselben Arbeitnehmer angestellt sind. 

Auszubildende haben grundsätzlich ebenfalls Anspruch auf Bildungsurlaub, allerdings existieren für sie gesonderte Regelungen. Die Anzahl der Tage kann zum Beispiel nicht pro Jahr, sondern für die gesamte Ausbildungszeit gelten. Auch bei Beamten gelten unterschiedliche Bestimmungen.

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Bildungsurlaub Dauer und Umfang

Wie viele Bildungsurlaub-Tage Ihnen zustehen, entnehmen Sie den Bestimmungen für Ihr Bundesland. 

Grundsätzlich gilt dieser Bildungsurlaub-Anspruch:

  • In Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Baden Württemberg, Thüringen, Hessen und dem Saarland haben Sie Anspruch auf fünf Tage Bildungsurlaub im Kalenderjahr.
  • In Hamburg, Berlin, Bremen, Brandenburg und Rheinland-Pfalz stehen Ihnen zehn Tage innerhalb von zwei Jahren zu. Dadurch sind sogar zweiwöchige Kurse möglich.  
ein Mann steht auf dem Bahnsteig vor einem Zug und lächelt
ein Mann steht auf dem Bahnsteig vor einem Zug und lächelt

Doch was passiert, wenn beim Bildungsurlaub die Tage pro Jahr unterschritten oder gar nicht in Anspruch genommen werden? Hier lohnt es sich, genauer hinzusehen: Einzelne Tage können oftmals auf Antrag beim Arbeitgeber ins nächste Jahr übertragen werden. 

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Bildungsurlaub beantragen

1. Angebot aussuchen

Wenn Sie Bildungsurlaub beim Arbeitgeber beantragen möchten, müssen Sie sich zunächst auf die Suche nach einem in Ihrem Bundesland anerkannten Bildungsurlaub-Angebot machen. 

2. Antrag beim Arbeitgeber

Der Antrag auf Bildungsurlaub sollte schriftlich beim Arbeitgeber eingereicht werden. Das Seminarprogramm und Unterlagen zum Seminarveranstalter beizulegen hilft bei der Genehmigung des Antrages. Fordern Sie beim Veranstalter eine Bescheinigung an, um die Erfüllung der Voraussetzungen zu belegen. Der Arbeitgeber benötigt vor der Genehmigung die Anmeldeunterlagen, um zu beurteilen, ob für den Bildungsurlaub die Voraussetzungen erfüllt sind. 

Zu beachten sind die in den jeweiligen Bundesländern geltenden Fristen. Die Frist für die Antragstellung beträgt in der Regel vier bis neun Wochen vor Beginn, hängt aber im Einzelnen von den Bestimmungen ab.

Der Arbeitgeber kann aus betrieblichen Gründen den Zeitraum des Bildungsurlaubs verschieben, hat jedoch nicht das Recht, den Antrag per se abzulehnen.

3. Bildungsurlaub durch führen und Teilnahme nachweisen

Nachdem Sie Ihren Bildungsurlaub beendet haben, reichen Sie die Teilnahmebestätigung beim Arbeitgeber als Nachweis ein.

Tipp

Klären Sie im Voraus, ob der Veranstalter lizenziert ist und eine Bestätigung für diesen Kurs ausstellen kann, die nach dem jeweiligen Landesgesetz anerkannt ist.

Wann kann der Arbeitgeber Bildungsurlaub ablehnen?

Arbeitgeber dürfen Bildungsurlaub nicht grundsätzlich ablehnen. Sie sind allerdings verpflichtet, beim Bildungsurlaub die laut Gesetz geltenden Bestimmungen zu prüfen und im Zweifel einzuschreiten.

Zur Prüfung bleiben dem Arbeitgeber maximal vier Wochen. Zum Beispiel erlauben dringende betriebliche Belange oder die Unvereinbarkeit mit der Urlaubsplanung von Kollegen eine Ablehnung. 

Dennoch ist der Arbeitgeber prinzipiell verpflichtet, Ihnen Bildungsurlaub zu gewähren, sofern Sie alle Voraussetzungen erfüllen.

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Vorteile für Arbeitnehmer

Zwar zahlt der Arbeitnehmer die Kosten für den Bildungsurlaub selbst, das Gehalt wird aber während der Zeit in voller Höhe weitergezahlt – ein entscheidender Vorteil. 

Die persönliche und berufliche Entwicklung ist einer der Gründe, warum sich  Beschäftigte für einen Bildungsurlaub entscheiden. Auch die Verbesserung der Arbeitsmarktchancen motiviert häufig zu einem Bildungsurlaub. Wer seinen Bildungsurlaub für die persönliche und berufliche Entwicklung nutzt, profitiert langfristig. Denn damit steigt nicht nur das Know-how, sondern auch das Selbstbewusstsein. Jede Investition in Bildung ist hilfreich für den eigenen Werdegang und damit ein Karrierebooster.

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Beispiele für Bildungsurlaubsangebote

Je nach Bundesland existieren verschiedene Bildungsformate und -themen,  zum Beispiel

  • Sprachkurse und -reisen
  • Seminare über Umweltschutz
  • Vorbereitung aufs Ehrenamt
  • Entspannung, Meditation oder Yoga
Nahaufnahme der Füße eines Wanderers
Nahaufnahme der Füße eines Wanderers

Politische oder branchenspezifische Schulungen und Seminare sind in allen Bundesländern möglich. Wer seinen Bildungsurlaub dagegen für kreative oder ehrenamtliche Weiterbildung nutzen möchte, sollte sich zunächst mit den länderspezifischen Voraussetzungen vertraut machen. 

In vielen Branchen können berufliche Fortbildungen im Rahmen von Bildungsurlaub durchgeführt werden. Dazu gehören Softwareschulungen, Aufbauseminare oder Finanzthemen. Da sich die Arbeitswelt in einem stetigen Wandel befindet, profitieren sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer davon, wenn der Bildungsurlaub für branchenspezifische Schulungen und Seminare genutzt wird.

Die Kursinhalte müssen nicht immer in einem direkten Zusammenhang mit der aktuellen Arbeit stehen. Aber sie müssen mit ihr zu tun haben. Tauch- oder Fußballtrainerkurse zum Beispiel werden in der Regel abgelehnt.

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Bildungsurlaub in der Zeitarbeit

Wie viel Bildungsurlaub hat man im Jahr, wenn man Zeitarbeitnehmer ist? Beim Bildungsurlaub sind Voraussetzungen für Zeitarbeitnehmer grundsätzlich gleich geregelt wie für alle anderen Angestellten. Der Bildungsurlaub bei Zeitarbeit muss beim Zeitarbeitsunternehmen als Arbeitgeber beantragt werden, nicht beim Einsatzbetrieb.

Prinzipiell gilt für Zeitarbeitnehmer dieselbe Bildungsurlaub-Dauer wie Angestellte in anderen Branchen. Entscheidend ist das Bundesland, in dem der jeweilige Arbeitgeber, also das Zeitarbeitsunternehmen, seinen Sitz hat. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Sofern der Einsatz befristet ist, kann die Genehmigung von Bildungsurlaub bei Zeitarbeit abgelehnt werden.

Zeitarbeit

Haben Sie geglaubt, der Anspruch auf Bildungsurlaub gelte nicht in der Zeitarbeit? Nahezu jeder hat schon einmal Vorurteile über Zeitarbeit gehört. Wir erklären, warum sich diese Annahmen als unwahr erweisen.

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Fragen und Antworten

Hier beantworten wir Fragen rund um das Thema Bildungsurlaub.