Gleichberechtigte Elternschaft

Kaum ein Thema wird so kontrovers diskutiert wie die Kindererziehung. Doch während sich die Geister bei Fachfragen rund um das Großziehen der Kinder scheiden, ist die Rollenverteilung während der Erziehungszeit häufig kein Thema oder nimmt nur eine sehr untergeordnete Rolle ein. Die Devise „Mama macht's" gilt für viele Frauen (und Männer) mittlerweile als überholt und hat in der modernen Arbeitswelt keinen Platz mehr. Grund genug, um mit ein paar Vorurteilen aufzuräumen und die Glaubenssätze gleichberechtigter Elternschaft etwas näher zu betrachten. 

Gleichberechtigte Elternschaft bezeichnet die faire Aufteilung der Erziehungsarbeit zwischen beiden Partnern. Hierbei fällt auch der Frage nach der regulären Beschäftigung beider Partner eine wichtige Bedeutung zu. Bei gleichberechtigter Elternschaft werden alle Haushaltsaufgaben sowie die Carearbeit fair verteilt. Finanzielle Auswirkungen werden von den Partnern angesprochen und gemeinsam gelöst, etwa indem vor der Elternzeit Rücklagen gebildet werden oder der arbeitende Partner in einen Rentenfonds oder ETF für den erziehenden Partner einzahlt, um dessen Arbeit auch finanziell zu würdigen. 

Wichtig dabei: Fair bedeutet nicht gleich fifty-fifty! Fair ist die Aufteilung der Erziehungsaufgabe dann, wenn beide Elternteile damit zufrieden sind und keiner maßgebliche langfristige Einbußen hinnehmen muss. Gleichberechtigte Elternschaft kann sich also von Elternpaar zu Elternpaar unterscheiden.

1

Strategien für gleichberechtigte Elternschaft

Gleichberechtigte Elternschaft stellt hohe Anforderungen an Paare. Die Ausgestaltung kann je nach persönlicher Lebens- und Familiensituation sehr unterschiedlich aussehen. Dennoch gibt es einige Kernpunkte, welche zentral für den Erfolg der gleichberechtigten Elternschaft sind. 

Arbeiten im Homeoffice
Arbeiten im Homeoffice
2

Entscheidung für gleichberechtigte Elternschaft

Bei der Entscheidung über eine gleichberechtigte Elternschaft spielen viele Aspekte eine wichtige Rolle. Die persönlichen Lebensumstände, die Betreuungssituation, das Alter der Kinder und natürlich auch die berufliche Situation beider Partner sind entscheidend für eine differenzierte Bewertung. Nachfolgend werden klassische Glaubenssätze gleichberechtigter Elternschaft beschrieben und die Hürden identifiziert, welche sich Paaren bei der Frage nach geteilter Erziehungsarbeit entgegenstellen. Auch werfen wir einen Blick auf die Finanzen in der Elternzeit sowie Herausforderungen, welche an die Partnerschaft bei der Verteilung von Arbeits- und Erziehungszeit gestellt werden. Zuletzt erhalten Sie ein paar hilfreiche Strategien, mit denen sich gleichberechtigte Elternschaft umsetzen lässt. 

3

Mental Load in der gleichberechtigten Elternschaft

Was koche ich heute? Schaffe ich noch eine Ladung Wäsche, bevor Besuch kommt? Habe ich noch genug Brei für das Baby zu Hause? Mental Load beschreibt die psychische Belastung, also das tägliche Mitdenken, das mit der Organisation des Haushalts und der Familie einhergeht. Da die Ursache dafür in der Vielzahl kleiner Dinge liegt, ist der Mental Load nicht immer sofort ersichtlich. Spätestens wenn sich Mütter oder Väter vom Familienmanagement ausgebrannt fühlen, ist dies ein großes Warnsignal und sollte dazu führen, dass Paare über eine Neuaufteilung der Aufgaben im Rahmen der gleichberechtigten Elternschaft sprechen.

Das Familiennetzwerk ausbauen 

Ein afrikanisches Sprichwort besagt: „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen.“ Heutzutage leben immer mehr Familien ohne ein soziales Netz und sind völlig auf sich allein gestellt. Gleichzeitig zu arbeiten und Kinder großzuziehen stellt dann die gleichberechtigte Elternschaft vor Herausforderungen. Hier kann ein gutes Familiennetzwerk helfen, in dem Angehörige oder auch Freunde einspringen, wenn die Not groß ist. Diese Leistungen gehen weit über die klassische Kinderbetreuung durch die Großeltern hinaus. Carpooling und Dinner-Sharing sind nur einige Ideen, wie sich ganze Familien in der Nachbarschaft gemeinsam unterstützen können und somit allen Beteiligten zu einer gleichberechtigten Elternschaft verhelfen.

Klare Verantwortlichkeiten schaffen

Die gestresste Mutter kennt die Größen jedes Kleidungsstücks ihrer Kinder. Sie weiß, an welchen Tagen Sport und Musikschule stattfinden, welche Freunde wann Geburtstag haben und welche Geschenke sie sich normalerweise wünschen. Sie kennt die Lieblingsgerichte ihrer Kinder und stellt sicher, dass sie bei den Hausaufgaben zuverlässig betreut werden. Völlig erschöpft stellt sie am Mittag fest, dass die Säuglingsnahrung fast alle ist, und schreibt ihrem Partner eine SMS: „Bring doch bitte neue Babymilch mit, wenn du von der Arbeit kommst.“ Die Antwort: „Klar, erinnere mich fünf Minuten vorher noch mal dran.“ Was vermeintlich nach Kleinigkeiten klingt, führt in der Summe zu einer enormen mentalen Belastung, die sich nur durch faire Aufteilungen verringern lässt. Wer alles im Kopf haben muss, trägt auch die alleinige Verantwortung für alles. Hier hilft es, sämtliche Aufgaben – egal wie trivial sie erscheinen – aufzuschreiben und dann Verantwortlichkeiten zuzuweisen.

z. B. Papa ist zuständig für

  • Kinder morgens anziehen
  • Einkauf
  • Kinder ins Bett bringen

Mama ist zuständig für

  • Mittagessen kochen
  • Baby füttern
  • Wäsche waschen
  • Wohnung putzen
  • Fahrt zum Fußballtraining

So bleibt die Belastung überschaubar und Partner können sich gegenseitig unterstützen.

Kinder zur Eigenständigkeit anleiten 

Natürlich können Säuglinge sich nicht selbst versorgen. Je älter Kinder werden, desto selbstständiger agieren sie jedoch. Oftmals trauen Eltern ihnen weniger zu, als sie bereits können. So ist es völlig unproblematisch, dass sich ein zweijähriges Kind einen Hocker ans Waschbecken zieht und einen Plastikbecher mit Wasser befüllt, um seinen Durst zu stillen. Wer seinem Kind hingegen noch mit fünf Jahren den Saft einschenkt, tut ihm damit nicht zwingend einen Gefallen und sorgt gleichermaßen dafür, dass die große Belastung, ständig verfügbar sein zu müssen, nie nachlässt. Indem Kinder bereits früh zur Eigenständigkeit angeleitet werden, lernen Eltern, sich selbst zu entlasten. Gleichzeitig reduzieren sie die Dinge, welche dann tatsächlich noch zwischen den Partnern aufgeteilt werden müssen. 

4

Finanzen in der gleichberechtigten Elternschaft

Häufig geht mit der Rollenverteilung innerhalb einer Familie auch ein finanzielles Gefälle einher. Ein Partner nimmt die Rolle des Haupternährers ein, während der andere Haushalt und Kinder betreut. Hiermit können für beide Partner Sorgen und Belastungen einhergehen, die sich durch eine gleichberechtigte Elternschaft vermeiden lassen.

Finanzen in der gleichberechtigten Elternschaft
Finanzen in der gleichberechtigten Elternschaft
5

Beziehung auf dem Prüfstand

Nicht immer sind sich die Partner in Fragen der gleichberechtigten Elternschaft einig. Wenn die Rollenverteilung in der Elternzeit zu Problemen und Streit zwischen den Partnern führt, liegen die Gründe meist tiefer. Hier gilt es, die Beziehung auf den Prüfstand zu stellen, Annahmen zu hinterfragen und Lösungen zu finden, mit denen alle Beteiligten gut umgehen können. 

6

Fazit

Gleichberechtigte Elternschaft ist in unserer Gesellschaft heute durchaus möglich. Tradierte Rollenbilder und Vorurteile machen es jedoch vielen Eltern schwer, ihre eigenen Vorstellungen einer gleichberechtigten Elternschaft auszuleben. Wer sich informiert und selbstbewusst für seine Ziele einsetzt, profitiert hingegen gleich dreifach: von einer fairen und gleichberechtigten Partnerschaft, einem erfüllten Berufsleben und der Gewissheit, den eigenen Kindern ein gutes Vorbild für gelebte Gleichberechtigung zu bieten.

Gleichberechtigte Elternschaft
Gleichberechtigte Elternschaft

Gender Data Gap

Lesen Sie jetzt, wie Daten- und andere Lücken zwischen Mann und Frau das Arbeitsleben beeinflussen und wie Unternehmen gegensteuern können.

zum Artikel
7

Fragen und Antworten

Was bedeutet gleichberechtigte Elternschaft? 

Unter gleichberechtigter Elternschaft versteht man eine faire Aufteilung der Erziehungsarbeit zwischen beiden Partnern. Fair bedeutet für jedes Elternpaar etwas anderes. Für manche bedeutet es eine Fifty-Fifty-Aufteilung von Haushalt, Job und Kindererziehung, für andere Paare bedeutet es eine andere Gewichtung. Wichtig ist, dass beide Partner mit der Aufteilung zufrieden sind und keiner maßgebliche Einbußen hinnehmen muss.