Gleichberechtigte Elternschaft
Kaum ein Thema wird so kontrovers diskutiert wie die Kindererziehung. Doch während sich die Geister bei Fachfragen rund um das Großziehen der Kinder scheiden, ist die Rollenverteilung während der Erziehungszeit häufig kein Thema oder nimmt nur eine sehr untergeordnete Rolle ein. Die Devise „Mama macht's" gilt für viele Frauen (und Männer) mittlerweile als überholt und hat in der modernen Arbeitswelt keinen Platz mehr. Grund genug, um mit ein paar Vorurteilen aufzuräumen und die Glaubenssätze gleichberechtigter Elternschaft etwas näher zu betrachten.
Gleichberechtigte Elternschaft bezeichnet die faire Aufteilung der Erziehungsarbeit zwischen beiden Partnern. Hierbei fällt auch der Frage nach der regulären Beschäftigung beider Partner eine wichtige Bedeutung zu. Bei gleichberechtigter Elternschaft werden alle Haushaltsaufgaben sowie die Carearbeit fair verteilt. Finanzielle Auswirkungen werden von den Partnern angesprochen und gemeinsam gelöst, etwa indem vor der Elternzeit Rücklagen gebildet werden oder der arbeitende Partner in einen Rentenfonds oder ETF für den erziehenden Partner einzahlt, um dessen Arbeit auch finanziell zu würdigen.
Wichtig dabei: Fair bedeutet nicht gleich fifty-fifty! Fair ist die Aufteilung der Erziehungsaufgabe dann, wenn beide Elternteile damit zufrieden sind und keiner maßgebliche langfristige Einbußen hinnehmen muss. Gleichberechtigte Elternschaft kann sich also von Elternpaar zu Elternpaar unterscheiden.
Strategien für gleichberechtigte Elternschaft
Gleichberechtigte Elternschaft stellt hohe Anforderungen an Paare. Die Ausgestaltung kann je nach persönlicher Lebens- und Familiensituation sehr unterschiedlich aussehen. Dennoch gibt es einige Kernpunkte, welche zentral für den Erfolg der gleichberechtigten Elternschaft sind.
-
Kommunikation mit dem Partner
Reden, reden, reden. Wenn Partner nicht miteinander sprechen, können sie keine Absprachen treffen, Probleme erkennen oder gemeinsam Lösungen erarbeiten. Wer schwerwiegende Konflikte über zu lange Zeit unausgesprochen lässt, riskiert darüber hinaus häufig eine Trennung, weil die Kluft zwischen den Partnern irgendwann unüberbrückbar scheint. Paare sollten jedoch nicht erst mit dem Reden anfangen, wenn es zu spät ist. Ein regelmäßiger Austausch mit dem Partner stellt eine vertrauensvolle Kommunikation sicher, welche sowohl in guten als auch schlechten Zeiten genutzt werden kann. Paare, die frühzeitig Kommunikationsregeln anwenden und Vertrauen in gemeinsame Gespräche legen, haben einen handfesten Vorsprung bei der Bewältigung großer Herausforderungen.
-
Planung und Organisation
Viele Paare sind sich darin einig, dass sie eine gleichberechtigte Elternschaft anstreben wollen. Doch wie genau diese dann konkret aussieht, ist häufig nicht mehr so leicht zu beantworten. Hierbei hilft es, Ansprüche und Wünsche klar zu formulieren, sämtliche anfallenden Aufgaben aufzulisten und dann gemeinsam zu verteilen. Ein Managementsprichwort besagt: „Zehn Minuten Planung ersetzen eine Stunde Arbeit.“ Diese Weisheit lässt sich auch auf das Familienmanagement anwenden. Und: Viele Prozesse müssen lediglich einmal geklärt werden und laufen dann routiniert im Autopiloten-Modus ab. Paare profitieren daher davon, sie einmalig zu klären (etwa die Frage ob, wo und wie lange die eigenen Kinder eine Kindertagespflegeeinrichtung besuchen sollen). Hierzu gehört auch die Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, welche sich häufig sogar gemeinsam mit dem Arbeitgeber organisieren lässt.
-
Kurz- und langfristige Ziele setzen
Damit eine gleichberechtigte Paarbeziehung auf Dauer funktioniert, müssen Partner über kurz- und langfristige Ziele sprechen. Während kurzfristige Ziele in der hälftigen Aufteilung von Betreuungszeiten für das Kind liegen können, richten langfristige Ziele den Blick auf die eigene Karriere oder gar die Rente. Wer hier langfristig plant, behält alle wichtigen Faktoren im Blick, die durch die Entscheidung für oder gegen eine gleichberechtigte Elternzeit beeinflusst werden.
Lesetipps:
-
Selbstbewusst Rechte einfordern
Wer gleichberechtigte Elternschaft anstrebt, sollte dies selbstbewusst einfordern. So können Frauen bereits mit einer deutlich höheren Stundenanzahl wieder in den Job einsteigen und die Erziehungsarbeit mit ihrem Partner fair teilen. Hierbei ist es wichtig, dass auch die private Aufteilung der Verpflichtungen funktioniert, damit nicht neben dem Job auch noch das Familienmanagement an einem einzelnen Partner hängt. Auch der Wunsch, die eigene Karriere nicht hintenanzustellen, darf von Frauen klar artikuliert werden. Dem Spruch „Wer kümmert sich denn jetzt um die Kinder?“ begegnen Karrierefrauen immer häufiger mit der Antwort „Ihr Vater natürlich“ und lassen sich von Stereotypen im Arbeitsleben nicht unterkriegen.
Entscheidung für gleichberechtigte Elternschaft
Bei der Entscheidung über eine gleichberechtigte Elternschaft spielen viele Aspekte eine wichtige Rolle. Die persönlichen Lebensumstände, die Betreuungssituation, das Alter der Kinder und natürlich auch die berufliche Situation beider Partner sind entscheidend für eine differenzierte Bewertung. Nachfolgend werden klassische Glaubenssätze gleichberechtigter Elternschaft beschrieben und die Hürden identifiziert, welche sich Paaren bei der Frage nach geteilter Erziehungsarbeit entgegenstellen. Auch werfen wir einen Blick auf die Finanzen in der Elternzeit sowie Herausforderungen, welche an die Partnerschaft bei der Verteilung von Arbeits- und Erziehungszeit gestellt werden. Zuletzt erhalten Sie ein paar hilfreiche Strategien, mit denen sich gleichberechtigte Elternschaft umsetzen lässt.
-
Die traditionelle Rollenverteilung in der Familie
Über viele Jahrhunderte trugen Männer Gehröcke. Erst ab dem 17. Jahrhundert setzten sich europäische Männer gegen den heftigen Widerstand konservativer Zeitgenossen durch und begannen mit dem Tragen von Hosen. Diese in viele Länder exportierte Sitte wird auch heute noch für die Umschreibung der Entscheidungsgewalt benutzt, wenn die Frage gestellt wird, wer in einer Familie die Hosen anhat. Trotz fortschreitender Gleichberechtigung ist die Rollenverteilung in vielen Familien noch sehr ähnlich: Der Vater ist der Haupternährer und sorgt für den Lebensunterhalt, während die Mutter sich um die Kinder kümmert und den Haushalt übernimmt. Obwohl moderne Familienpolitik die Steigerung von Karrierechancen für Frauen in den Blick nimmt, werden Angebote zu selten genutzt. Warum? Studien zufolge ziehen Männer ihre Zufriedenheit insbesondere aus Arbeitsleistung im Job. Frauen hingegen erleben Zufriedenheit unabhängig von ihren Arbeitszeiten im Job.
-
Wer erzieht die Kinder?
Während der Vater somit als Haupternährer die finanzielle Versorgung der Familie sicherstellt, fällt der Mutter die Rolle der Familienmanagerin zu. Hierdurch ergibt sich zwangsläufig ein Gefälle in der Beziehung zu den Kindern, da der Vater ihnen nicht uneingeschränkt zur Verfügung steht. Das bedeutet zwar nicht, dass Väter nach der Arbeit keine Qualitätszeit mit ihren Kindern verbringen können. Es zeigt den Kindern jedoch bereits von früh an, dass die Mutter verfügbar ist, während der Vater in der Rolle des Ernährers für viele Erziehungsaufgaben keine Zeit findet. Da viele Glaubenssätze durch das Lernen am Vorbild vermittelt werden, neigen Kinder durch die Erfahrung aus erster Hand dazu, tradierte Rollenbilder zu übernehmen und gegebenenfalls in ihrem eigenen späteren Familienleben aufrechtzuerhalten.
-
Nur die Mutter kann das Baby angemessen versorgen?
Warum kümmert sich also nicht der Vater von Anfang an um die Kinder, während die Mutter arbeiten geht? Ein zwingendes Argument scheint oft die Säuglingsversorgung zu sein. Nach einer Geburt steht die Versorgung von Mutter und Kind stets im Vordergrund. Hierfür hat der Gesetzgeber auch die Mutterschutzzeit mit einhergehendem Beschäftigungsverbot festgelegt: Sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt (bei Früh- und Mehrlingsgeburten, sowie Kindern mit Behinderung sind es nach der Geburt sogar zwölf Wochen) kann die Mutter sich völlig der Pflege ihres Neugeborenen widmen und muss hierfür keine Gehaltseinbußen in Kauf nehmen. In dieser Zeit gelingt es ihr, eine enge Beziehung zum Kind aufzubauen, die durch die Bildung von Hormonen während des Stillens unterstützt wird. Das heißt aber nicht, dass Väter ein Neugeborenes nicht angemessen versorgen können. Möchte die Mutter nach dem Mutterschutz wieder arbeiten, kann sie Milch auch während der Arbeitszeiten abpumpen. Hierfür muss der Arbeitgeber nach dem Mutterschutzgesetz Zeiten und Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, die verlorene Arbeitszeit muss nicht nachgearbeitet werden. Ist diese Hürde gemeistert, gibt es keinen Grund, der einer gleichberechtigten Säuglingsversorgung durch den Vater im Weg stehen würde.
-
Arbeitsleistung vs. Erziehungsleistung
Leider wird die Erziehungsleistung heutzutage noch nicht als gleichwertig gegenüber anderweitiger Arbeitsleistung gesehen. Während die Väter Karriere machen, kümmern sich die Mütter „nur“ um Kinder, putzen das Haus und kochen. Hierbei wird jedoch häufig vergessen, dass das betreuende Elternteil den Partner erst in die Lage versetzt, einer anderweitigen Beschäftigung nachzugehen. Ohne die erbrachte Betreuungsleistung wäre somit auch in vielen Fällen die Arbeitsleistung des Partners nicht oder nicht in dem erbrachten Umfang denkbar. Während der Gesetzgeber die erbrachte Erziehungsleistung in Form einer Mütterrente anerkennt, kompensiert diese nicht den Karriereknick, welcher sich in vielen Beschäftigungsverhältnissen bei zu langer Abwesenheit ergibt. Ist die Mutter durch schwangerschaftsbedingte Ausfallzeiten vermeintlich nicht mehr konkurrenzfähig, fällen Paare manchmal vorschnell die Entscheidung, dass wenigstens der Vater seine Karriere nicht riskieren sollte.
Mental Load in der gleichberechtigten Elternschaft
Was koche ich heute? Schaffe ich noch eine Ladung Wäsche, bevor Besuch kommt? Habe ich noch genug Brei für das Baby zu Hause? Mental Load beschreibt die psychische Belastung, also das tägliche Mitdenken, das mit der Organisation des Haushalts und der Familie einhergeht. Da die Ursache dafür in der Vielzahl kleiner Dinge liegt, ist der Mental Load nicht immer sofort ersichtlich. Spätestens wenn sich Mütter oder Väter vom Familienmanagement ausgebrannt fühlen, ist dies ein großes Warnsignal und sollte dazu führen, dass Paare über eine Neuaufteilung der Aufgaben im Rahmen der gleichberechtigten Elternschaft sprechen.
Das Familiennetzwerk ausbauen
Ein afrikanisches Sprichwort besagt: „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen.“ Heutzutage leben immer mehr Familien ohne ein soziales Netz und sind völlig auf sich allein gestellt. Gleichzeitig zu arbeiten und Kinder großzuziehen stellt dann die gleichberechtigte Elternschaft vor Herausforderungen. Hier kann ein gutes Familiennetzwerk helfen, in dem Angehörige oder auch Freunde einspringen, wenn die Not groß ist. Diese Leistungen gehen weit über die klassische Kinderbetreuung durch die Großeltern hinaus. Carpooling und Dinner-Sharing sind nur einige Ideen, wie sich ganze Familien in der Nachbarschaft gemeinsam unterstützen können und somit allen Beteiligten zu einer gleichberechtigten Elternschaft verhelfen.
Klare Verantwortlichkeiten schaffen
Die gestresste Mutter kennt die Größen jedes Kleidungsstücks ihrer Kinder. Sie weiß, an welchen Tagen Sport und Musikschule stattfinden, welche Freunde wann Geburtstag haben und welche Geschenke sie sich normalerweise wünschen. Sie kennt die Lieblingsgerichte ihrer Kinder und stellt sicher, dass sie bei den Hausaufgaben zuverlässig betreut werden. Völlig erschöpft stellt sie am Mittag fest, dass die Säuglingsnahrung fast alle ist, und schreibt ihrem Partner eine SMS: „Bring doch bitte neue Babymilch mit, wenn du von der Arbeit kommst.“ Die Antwort: „Klar, erinnere mich fünf Minuten vorher noch mal dran.“ Was vermeintlich nach Kleinigkeiten klingt, führt in der Summe zu einer enormen mentalen Belastung, die sich nur durch faire Aufteilungen verringern lässt. Wer alles im Kopf haben muss, trägt auch die alleinige Verantwortung für alles. Hier hilft es, sämtliche Aufgaben – egal wie trivial sie erscheinen – aufzuschreiben und dann Verantwortlichkeiten zuzuweisen.
z. B. Papa ist zuständig für
- Kinder morgens anziehen
- Einkauf
- Kinder ins Bett bringen
Mama ist zuständig für
- Mittagessen kochen
- Baby füttern
- Wäsche waschen
- Wohnung putzen
- Fahrt zum Fußballtraining
So bleibt die Belastung überschaubar und Partner können sich gegenseitig unterstützen.
Kinder zur Eigenständigkeit anleiten
Natürlich können Säuglinge sich nicht selbst versorgen. Je älter Kinder werden, desto selbstständiger agieren sie jedoch. Oftmals trauen Eltern ihnen weniger zu, als sie bereits können. So ist es völlig unproblematisch, dass sich ein zweijähriges Kind einen Hocker ans Waschbecken zieht und einen Plastikbecher mit Wasser befüllt, um seinen Durst zu stillen. Wer seinem Kind hingegen noch mit fünf Jahren den Saft einschenkt, tut ihm damit nicht zwingend einen Gefallen und sorgt gleichermaßen dafür, dass die große Belastung, ständig verfügbar sein zu müssen, nie nachlässt. Indem Kinder bereits früh zur Eigenständigkeit angeleitet werden, lernen Eltern, sich selbst zu entlasten. Gleichzeitig reduzieren sie die Dinge, welche dann tatsächlich noch zwischen den Partnern aufgeteilt werden müssen.
Finanzen in der gleichberechtigten Elternschaft
Häufig geht mit der Rollenverteilung innerhalb einer Familie auch ein finanzielles Gefälle einher. Ein Partner nimmt die Rolle des Haupternährers ein, während der andere Haushalt und Kinder betreut. Hiermit können für beide Partner Sorgen und Belastungen einhergehen, die sich durch eine gleichberechtigte Elternschaft vermeiden lassen.
-
Elterngeld während der Elternzeit
Kaum eine Rechtsmaterie ist für Eltern so verwirrend wie die Beantragung des Elterngelds. Das klassische Modell, in welchem die Mutter zwei Drittel ihres vorherigen Einkommens für ein Jahr erhält, ist lange überholt. Elterngeld und Elterngeld Plus ermöglichen es Paaren, die Elterngeldmonate untereinander aufzuteilen. Der Partnerbonus soll Väter darüber hinaus ermutigen, ebenfalls Elterngeldmonate zu beanspruchen und somit die Erziehungszeit zwischen Mutter und Vater besser zu verteilen. Dennoch haben Väter hier viel in Sachen gleichberechtigter Elternschaft aufzuholen: Obwohl sich der Anteil von Vätern in Elternzeit laut Statistischem Bundesamt zwischen 2012 und 2022 fast verdoppelt hat, lag er im Jahr 2022 dennoch nur bei 1,9 Prozent (Quelle: destatis; Stand: Dezember 2023).
Nützliche Links:
- Elternzeitrechner – Wann können Sie in Elternzeit gehen, wann endet sie?
- Elterngeldrechner – Wie viel Elterngeld steht Ihnen zu?
- Elternzeit Vater – Tipps für Väter, die in Elternzeit gehen möchten
-
Mit wenig Geld als Familie leben
Die Angst vor finanziellen Einbußen führt bei vielen Paaren zu der Annahme, dass ein reguläres Weiterarbeiten des Partners das Beste sei. Doch während die Frage nach dem monatlich verfügbaren Einkommen schnell als eine Lebensstilentscheidung abgetan wird, ist die Antwort nicht so simpel. Die Ursache finanzieller Probleme während einer Elternzeit wird immer häufiger durch einen Lebensstil verursacht, der sich nur durch zwei Hauptverdiener finanzieren lässt. Möchte ein Partner dann zugunsten der Kinder zurücktreten, bleibt dem anderen Partner kaum eine Wahl, als in Vollzeit weiterzuarbeiten. Hier lohnt es sich, als Paar zu überprüfen, welche Kosten der aktuelle Lebensstil verursacht und ob diese durch Anpassungen reduziert werden können.
-
Finanziell vorsorgen für die Elternzeit
Auch das Gehaltsgefälle zwischen Partnern kann einer gleichberechtigten Elternschaft im Weg stehen. Verdienen beide Partner etwa gleich viel, macht es häufig wenig Unterschied, ob ein Partner voll (und der andere gar nicht) arbeitet oder beide ein Teilzeitmodell in gleichen Anteilen wählen. Häufig führt der Gender Pay Gap in vielen Beschäftigungsverhältnissen noch dazu, dass Männer tendenziell mehr als Frauen verdienen. Der Wegfall und eine gleichberechtigte Reduktion der Arbeitszeit des Mannes würde somit zu einer deutlich größeren finanziellen Belastung führen. Wer hier als Paar vorsorgen möchte, plant im Voraus und legt über den entsprechend benötigten Zeitraum Geld auf die Seite. Je höher das Gehalt ist (und je höher der erwartete Ausfall), desto mehr Geld kann im Vorfeld in der Regel auch zurückgelegt werden. So vorbereitet kann eine gleichberechtigte Elternschaft unabhängig vom Einkommen realisiert werden, wenn sich beide Partner einig sind.
Beziehung auf dem Prüfstand
Nicht immer sind sich die Partner in Fragen der gleichberechtigten Elternschaft einig. Wenn die Rollenverteilung in der Elternzeit zu Problemen und Streit zwischen den Partnern führt, liegen die Gründe meist tiefer. Hier gilt es, die Beziehung auf den Prüfstand zu stellen, Annahmen zu hinterfragen und Lösungen zu finden, mit denen alle Beteiligten gut umgehen können.
-
Rollenfindung in der gleichberechtigten Elternschaft
Eine bewährte Technik in der Paar- und Familientherapie ist die Auswahl von Rollenbildern. Hierzu wird Familien beispielsweise eine Auswahl kleiner Spielzeug-Tiere angeboten. Alle Familienmitglieder werden in der Folge einzeln gebeten, das Tier auszuwählen, welches sie selbst am besten charakterisiert und gleichermaßen anderen Familienmitgliedern ihre Rollen zuzuweisen. Die Übung offenbart häufig nicht nur eigene Annahmen über vorherrschende Rollen in der Familie. Sie zeigt auch auf, ob die Einschätzungen der Familienmitglieder voneinander abweichen. Ist dies der Fall, ist die Ursache für Konflikte meist gefunden, da ein Partner mit der ihm zugewiesenen Rolle nicht glücklich ist. Wenn Paare eine gleichberechtigte Elternschaft anstreben, sollten sie zuvor prüfen, ob beide Partner mit der Rollenverteilung einverstanden sind.
-
Eltern sein, Paar bleiben
Mit der Geburt eines Kindes wird auch die Beziehung eines Paares auf die Probe gestellt. Plötzlich sind beide Partner nicht mehr nur noch füreinander da, sondern auch Mutter und Vater. Doch während Zuneigung unbegrenzt ist, muss Zeit plötzlich aufgeteilt werden. Gleichzeitig führen schlaflose Nächte und anfängliche Überforderung häufig dazu, dass Partnerschaftsaktivitäten zunächst hintenangestellt werden. Ist ein Partner dann voll berufstätig, wird die Kluft hierdurch manchmal noch verstärkt. Eltern zu sein und Paar zu bleiben ist eine fortwährende Herausforderung, die sich mit einer gleichberechtigten Elternschaft häufig leichter bewältigen lässt. Warum? Weil Paare ihre Bedürfnisse offen miteinander besprechen, Zeiten sinnvoll aufteilen und Platz schaffen für wichtige Zeit zu zweit.
-
Nur noch Eltern, aber kein Paar mehr sein?
Manchmal passiert es, dass sich eine Partnerschaft nicht mehr reparieren lässt. Dennoch bleiben die Kinder da und müssen betreut werden. Auch in diesen Fällen ist eine gleichberechtigte Elternschaft ein sehr hilfreiches Modell, um beiden Partnern gerecht zu werden. Wer getrennt voneinander lebt, ist in der Regel auf ein eigenes Einkommen angewiesen und strukturiert seinen Alltag so, unabhängig und allein zurechtzukommen. Eine Voraussetzung hierfür ist, dass Betreuungszeiten für gemeinsame Kinder gleichberechtigt aufgeteilt werden und beide Partner auch tatsächlich die Möglichkeit haben einer Arbeit nachzugehen.
Fazit
Gleichberechtigte Elternschaft ist in unserer Gesellschaft heute durchaus möglich. Tradierte Rollenbilder und Vorurteile machen es jedoch vielen Eltern schwer, ihre eigenen Vorstellungen einer gleichberechtigten Elternschaft auszuleben. Wer sich informiert und selbstbewusst für seine Ziele einsetzt, profitiert hingegen gleich dreifach: von einer fairen und gleichberechtigten Partnerschaft, einem erfüllten Berufsleben und der Gewissheit, den eigenen Kindern ein gutes Vorbild für gelebte Gleichberechtigung zu bieten.
Gender Data Gap
Lesen Sie jetzt, wie Daten- und andere Lücken zwischen Mann und Frau das Arbeitsleben beeinflussen und wie Unternehmen gegensteuern können.
zum ArtikelFragen und Antworten
Was bedeutet gleichberechtigte Elternschaft?
Unter gleichberechtigter Elternschaft versteht man eine faire Aufteilung der Erziehungsarbeit zwischen beiden Partnern. Fair bedeutet für jedes Elternpaar etwas anderes. Für manche bedeutet es eine Fifty-Fifty-Aufteilung von Haushalt, Job und Kindererziehung, für andere Paare bedeutet es eine andere Gewichtung. Wichtig ist, dass beide Partner mit der Aufteilung zufrieden sind und keiner maßgebliche Einbußen hinnehmen muss.
-
Wie lässt sich gleichberechtigte Elternschaft heutzutage umsetzen?
Damit für Paare gleichberechtigte Elternschaft funktioniert, sind vier Eckpfeiler wichtig:
- gute Kommunikation mit dem Partner,
- Organisation und Planung,
- das Setzen kurz- und langfristiger Ziele
- sowie das selbstbewusste Einfordern eigener Rechte.
Indem der gute und vertrauensvolle Austausch mit dem Partner gepflegt wird, lassen sich die Herausforderungen gleichberechtigter Elternschaft besser besprechen und Lösungen finden, die beide Partner mittragen. Durch Organisation und Planung werden alle identifizierten Aufgaben verteilt und Verantwortlichkeiten objektiv zugewiesen. Das reduziert den Mental Load und schützt vor Burn-out im Familienalltag. Die besonnene Planung kurz- und langfristiger Ziele sorgt dafür, dass die gleichberechtigte Elternschaft nicht nach vielen Jahren zum Problem wird, beispielsweise aufgrund eines finanziellen Ungleichgewichts oder eines durch gute Kommunikation und Planung vermeidbaren Karriereknicks. Letztlich lernen Eltern, ihre Rechte selbstbewusst einzufordern. Das gilt nicht nur für Väter, die Erziehungszeiten beantragen wollen, sondern auch für Mütter, die dies vielleicht nicht wollen.
-
Warum ist gleichberechtigte Elternschaft so wichtig?
Gleichberechtigung ist ein wichtiger Grundwert in unserer Gesellschaft. In der Umsetzung hapert es jedoch insbesondere in der Arbeitswelt häufig gewaltig. Der Gender Pay Gap oder der „Women in Work“-Index zeigen regelmäßig, dass Frauen bei Weitem noch nicht so gleichberechtigt im Arbeitsleben angekommen sind, wie es eine absolute Gleichberechtigung voraussetzen würde. Gründe hierfür liegen nicht nur im System, sondern auch in tradierten Rollenbildern, die oft bereits früh erlernt und dann durch die Partner selbst aufrechterhalten werden. Wer hier gegensteuert, nimmt sein Leben selbst in die Hand und wehrt sich gegen gesellschaftliche Erwartungen, wenn diese der eigenen beruflichen Verwirklichung im Wege stehen. Gleichberechtigte Elternschaft ist eine großartige Möglichkeit, die vielfach geforderte Gleichberechtigung praktisch umzusetzen.