Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt ist die Erlaubnis, der Arbeit fernzubleiben. Sie verpflichtet Arbeitnehmer aber keineswegs, zu Hause zu bleiben. Arbeitsverbote existieren nur für bestimmte Infektionskrankheiten. Wer sich trotzdem fit fühlt und zurück an den Arbeitsplatz möchte, hat keine rechtlichen Konsequenzen zu fürchten. Anders sieht es für Arbeitgeber aus: Sie dürfen die Gesundheit ihrer Angestellten nicht gefährden und dürfen sie im Zweifelsfall krankgeschrieben nicht beschäftigen. Lesen Sie hier weiter und erfahren Sie, ob Sie trotz Krankschreibung arbeiten sollten.
Warum krank arbeiten?
Angestellte gehen trotz Krankheit häufig zur Arbeit, weil sie den Druck verspüren, ihre Kollegen oder ihren Arbeitgeber nicht im Stich zu lassen. In vielen Fällen gibt es auch keine ausreichenden Ersatzkräfte, was den Druck zusätzlich erhöht. Zudem fürchten einige negative Konsequenzen wie eine nachteilige Beurteilung oder schlechtere berufliche Aussichten. Dieses Verhalten ist in Deutschland, wie in vielen anderen Ländern, weit verbreitet.
Arbeiten trotz Krankschreibung ist für die Mehrheit der Angestellten in Deutschland normal, fand eine Studie der Betriebskrankenkasse Pronova BKK 2022 heraus. Das mittlerweile als „Präsentismus“ bekannte Phänomen hat erstaunliche Auswüchse: Über 20 % der Beschäftigten gehen selbst mit ansteckenden Infektionskrankheiten zur Arbeit, was Medizinern zunehmend Sorge bereitet. Nur 28 % der krankgeschriebenen Angestellten bleiben konsequent zu Hause und arbeiten dort auch nicht.
Rechtslage bei Krankheit
Wer mit Krankschreibung arbeiten gehen will, darf das grundsätzlich. Es sind auch keine Nachteile zu befürchten, wenn Arbeitnehmer trotz Krankschreibung arbeiten gehen und dann wieder krank werden. Schreibt der Arzt einen Patienten für eine bestimmte Zeit krank, gibt er damit nur eine Prognose über den zu erwartenden Verlauf der Erkrankung ab. Der Patient kann auch früher genesen oder länger krank bleiben. Zu dem Zeitpunkt, an dem der Arzt eine Arbeitsunfähigkeit feststellt, weiß niemand, wie sich der Verlauf tatsächlich weiter entwickelt.
Klar ist: Wer länger krank ist, muss mit dem Ende der attestierten Frist erneut zum Arzt und die Krankschreibung verlängern lassen. Was ist aber, wenn es einem Arbeitnehmer früher als erwartet wieder gut geht? Kurze Antwort: Nichts. Einige Mythen rund um das Thema „Arbeiten trotz Krankschreibung“ halten sich hartnäckig, obwohl ihnen jede Grundlage fehlt.
Darunter sind zum Beispiel beliebte Aussagen wie:
- „Man muss das Arbeiten trotz Krankschreibung der Krankenkasse melden.“
- „Ich bin nicht versichert, wenn ich trotz Krankschreibung arbeiten gehe.“
- „Wer krankgeschrieben ist, muss sich vom Arzt ‚gesund‘ schreiben lassen, bevor er wieder arbeiten darf.“
Lediglich für die „Gesundschreibung“ existiert eine rechtliche Grundlage. Allerdings steht sie in einem anderen Zusammenhang: Die Pflicht, ein ärztliches Attest für die Arbeitsfähigkeit einer krankgeschriebenen Person einzuholen, trifft den Arbeitgeber. Dieser ist im Rahmen seiner Fürsorgepflicht dafür verantwortlich, dass niemand am Arbeitsplatz seine Gesundheit ruiniert. Deshalb muss er zunächst einmal wissen, dass ein Arbeitnehmer krankgeschrieben ist. Sie dürfen eine Krankschreibung nicht verheimlichen, wenn Sie trotzdem arbeiten wollen.
Entscheidet ein Arbeitnehmer sich, trotz Krankschreibung arbeiten zu gehen, obliegt es dem Arbeitgeber zu prüfen, ob derjenige tatsächlich gesund genug ist. Kann der Arbeitgeber sich aufgrund fehlender medizinischer Kenntnisse kein eigenes Bild davon machen, muss er im Zweifelsfall eine Untersuchung durch den Betriebsarzt oder einen anderen Mediziner verlangen. Dies betrifft vor allem Arbeitsplätze, die Gefahren mit sich bringen, zum Beispiel durch das Bedienen von Maschinen oder das Führen von Fahrzeugen.
Ansonsten darf ein Arbeitnehmer, der sich gesund fühlt, jederzeit trotz Krankschreibung arbeiten. Davon ausgeschlossen sind Krankschreibungen wegen Infektionskrankheiten, die per Gesetz mit Isolation oder Quarantäne belegt sind. Dazu kommen Berufe, die unter bestimmten Bedingungen einem Beschäftigungsverbot unterliegen. Lehrer dürfen bereits bei Verdacht auf Röteln oder Windpocken nicht mehr zur Schule. Betroffene haben aber die Möglichkeit, von zu Hause trotz Krankschreibung zu arbeiten, sofern sie dazu in der Lage sind. Daneben besteht zum Beispiel auch für schwangere Frauen die Option des ärztlichen Beschäftigungsverbots. Dieses kann der Arzt zum Beispiel anordnen, wenn es zu Komplikationen kommt oder am Arbeitsplatz eine Gefährdung vorliegt.
Krank am Arbeitsplatz
Es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten für krankgeschriebene Arbeitnehmer, ohne Gesundheitsgefährdung weiterzuarbeiten. Die tatsächliche Belastbarkeit ist höchst individuell – und ebenso die jeweilige Einschränkung der Arbeitskraft durch eine Erkrankung. Grundsätzlich gilt, dass Krankgeschriebene nichts tun dürfen, was die Heilung gefährdet. Birgt der Beruf diesbezüglich keine Gefahr, ist das Arbeiten erlaubt.
Typische Situationen, in denen Erkrankte ihren Beruf ohne Bedenken ausüben können, sind zum Beispiel:
- Bürokraft mit Fußverletzung arbeitet am Schreibtisch
- Buchhalterin mit Covid arbeitet im Homeoffice weiter
- Dozent mit leichtem grippalen Infekt unterrichtet per Video-Konferenz und korrigiert Klausuren
An leicht ansteckenden Krankheiten scheiden sich die Geister: Viele Arbeitnehmer gehen auch mit dem alljährlichen Winterschnupfen zur Arbeit. Das birgt natürlich die Gefahr, Kollegen anzustecken. Die Haltung der Arbeitgeber dazu fällt unterschiedlich aus, entsprechend auch die Handhabung der Arbeitnehmer in ihrer entsprechenden Firma bzw. Abteilung.
Sind Sie krank beziehungsweise krankgeschrieben, teilen Sie dies Ihrem Vorgesetzten mit. Informieren Sie ihn auch darüber, ob und in welchem Umfang Sie sich trotzdem arbeitsfähig fühlen. Gemeinsam finden Sie sicher eine Lösung, die weder Ihrem Arbeitgeber noch Ihrer Gesundheit schadet. Allerdings kann Sie niemand zum Arbeiten zwingen, wenn Sie krank sind. Schließlich ist es Ihre Aufgabe, auf die eigene Gesundheit zu achten.
Was Arbeitnehmer im Krankheitsfall beachten müssen
Niemand ist vor einer plötzlichen Erkrankung gefeit. Arbeitnehmer haben Rechte und Pflichten im Krankheitsfall.
mehr erfahrenBei diesen Erkrankungen auf keinen Fall arbeiten
Mit einigen Erkrankungen sollte niemand arbeiten gehen, auch wenn er sich dringend verpflichtet fühlt. Sobald der Arbeitsplatz die Genesung gefährdet, müssen Sie unbedingt zu Hause bleiben.
Das ist zum Beispiel der Fall bei:
- körperlichen und mentalen Erschöpfungszuständen, z. B. Burn-out
- Kreislaufproblemen mit Risiko des Zusammenbruchs am Arbeitsplatz
- Angstzuständen, Panikattacken oder gar Arbeitssucht
- Allergischen Reaktionen gegen Substanzen am Arbeitsplatz
Andere Konstellationen, in denen der kranke Beschäftigte nicht an seinen Arbeitsplatz gehört, ergeben sich ganz praktisch aus Erkrankung und Beruf. Ein Dachdecker mit fieberhafter Erkältung sollte kein Dach reparieren, während es in Strömen regnet. Dieser Einsatz würde die Heilung sicher behindern und kommt daher nicht infrage. Ein Schneider mit starker Bindehautentzündung mag sich topfit und motiviert fühlen, sieht aber eventuell trotzdem nicht gut genug, um seine Nähmaschine richtig zu bedienen. Natürlich darf auch die Arbeitsleistung selbst durch die Erkrankung nicht beeinträchtigt werden.
Wir empfehlen ganz allgemein: Geben Sie Ihrer Gesundheit – und der Ihrer Kollegen – wenn möglich den Vorrang.
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